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Canal du Midi

Die ganze Geschichte des Midi kann ich hier nicht erzählen. Ich nehme mir vor eine separate Abhandlung zu machen über die Geschichte der von uns befahrenen Kanäle und auch über Schiffe auf Frankreichs Wasserstraßen. Je mehr ich mich damit beschäftige, desto mehr interessiert mich die Geschichte.

Also, die Kurzform: Auftraggeber: Ludwig der XIV. Erbauer: Pierre Paul Riquet. Heute die beliebteste Wasserstraße von F.(besonders von Charterern) Besteht fast unverändert seit 3 00 Jahren.
Heute Weltkulturerbe! Länge 240 km, 101 Schleusen, die Treppen zählen als eine Schleuse.

Die erste Schleusentreppe, die wir bewältigen, ist kurz hinter Béziers. 8 Schleusen, die ineinander gehen. Es wird nur zweimal am Tag in jede Richtung geschleust. Wir sind um halb fünf dran. "Oh, blutige Henneköpp." würde Manfred sagen, da ist was los.

Außer uns noch 3 Charterer in der Schleuse. Das Ding so voll wie eine Wursthaut. Vor uns ein Charterboot mit 3 alten Knackern. ( aber wirklich) Dann wir 50 cm dahinter, mit dem Heck am Schleusentor, ausweichen nicht möglich. Andere Seite ebenfalls zwei Charterer, genauso eingequetscht, der letzte neben uns mit einem Abstand von vielleicht 10 cm. Jetzt geht das vordere Tor zur nächsten Schleuse auf. Also, zwei Schleusenkammern auf, aber leer. Dann reißt der Schleusenmeister die vorderen Schieber auf. Die Wassermassen die da reingeschossen kommen, dir bleibt die Spucke weg.
Wäre aber alles nicht so dramatisch, hätte unser Vordermann richtig festgemacht. Doch nein, einer der Knacker steht lässig auf der Schleuse, mit beiden Tauen in der Hand. Kann das Boot natürlich bei diesen einstürmenden Wassermassen nicht halten. Erst donnerte es an seinen vis-a-vis. Schon kommt es zurück gegen unseren Bug. Ich drücke mit dem Bootshaken ab, mit dicken Backen und Armen wie ein Preisboxer. Manfred plärrt von hinten, kann aber nicht weiter zurück. Ich drücke. Erste Doppelstufe gemeistert. In der zweiten Stufe schimpfe ich auf ihn ein, er soll doch das Schiff ordentlich belegen, in deutsch, englisch und französisch. Nützt ein bisschen. Ich stehe immer noch mit dem Bootshaken und drücke. Wir haben 37 Grad in der Sonne, ich presse mir die Backen auf, der Schweiß rinnt mir vom Nacken die Wirbelsäule runter und frag nicht wohin. Letzte Kammer, wir habens geschafft. " Eine Stunde hat das gedauert, ich glaub ich bekomm nen Hitzeschlag. Wenn du glaubst ich koch heut noch was, das kannst du dir abschminken." Meuterei auf der Beluga, ich bin wirklich geschafft. Auf diesen Schreck hin legen wir erst mal ne Ruhepause übers Wochenende ein.

Der Spruch: Canal du midi sehen und sterben, ist gar nicht so falsch. Wir sind einem Herzinfarkt nahe. Die Charterer schaffen dich wirklich. Die Schleusenwärter sind völlig desinteressiert, keiner achtet mal darauf ob ein Charterschiff richtig festgemacht hat, geschweige denn es würde mal einer eine Leine annehmen. Das Wasser schießt in die Schleusen, dass ich unser vorderes Fenster geschlossen habe, im Falle, dass uns der Strahl mal auf das Vorschiff trifft, er nicht das ganze Boot füllt. Sogar das kleine Fensterchen seitlich am Rumpf müssen wir schließen, weil das Wasser reinspritzt. In jeder zweiten Schleuse würde ein Charter-Boot absaufen, wenn wir es nicht ein Stück zurückscheuchen würden.



 

Die Schleusen am Midi sind rund, vorne und hinten an den Toren ist je eine gerade Einfahrt von ca. 2 bis 5 m, d.h. da wo die Rundung anfängt ist jeweils eine scharfe Ecke. Weil wir so groß sind, müssen wir immer ganz vorne in die Schleuse. Unser Bug liegt im geraden Teil, das Heck in der Mitte der Rundung. Die Festmacher auf der Schleuse sind ca. 3 m vom Rand entfernt. Man hat keinerlei Chance diese Poller vom Boot aus zu sehen und schon gar nicht mit dem Tau zu treffen. Für mich heißt das vor der Schleuse aussteigen, rauflaufen und Manfred die Taue abnehmen, hinten fest belegen und vorne fiere ich sie in der Hand. Die Charterer machen natürlich das gleiche, nur dass das halt nicht immer so klappt. Einer keilt sich hinter uns quer in der Schleuse fest, direkt unter unserem Beiboot. Dann dotzt uns einer von hinten an, gerade als Manfred mit dem Bauch an dem blöden Knick ist, da ist auch kein abhalten mehr möglich, dicker Kratzer am Bauch. Einem reißt die einprasselnde Flut den Bug weg, bei uns Kratzer und Gummistriche vorne links am Bug. Einer rammt uns hinten seitlich, verrammelt sich den Aufbau an unserem Davit. In einer 3erTreppe war vor uns in der dritten Stufe, als das Tor der 2. Stufe aufgeht ein Charter-Boot. Da guckste vielleicht blöd. Wir scheuchen den in seiner Kammer ganz nach hinten, damit wir überhaupt ausfahren können. Dann muss der an uns vorbei, hinter uns die Seite wechseln, damit das Boot, das mit uns schleust auch in die nächste Kammer einfahren kann.
Dieser Chaos ist unvorstellbar!

In Carcassonne machen wir einen Tag Rast, da fahren uns am Liegeplatz im Hafen 3 Charter-Boote an. Gott sei Dank sind wir an Bord und können das Schlimmste verhindern.
Canal du Chaos wäre treffender. Der Chaos setzt sich natürlich fort beim Suchen von Liegeplätzen. Bist du nicht mittags schon da, kannst du in der Walachei kampieren, weil alles schon besetzt ist.

Der Kanal selbst schlängelt sich durch die Landschaft, als wäre Monsieur Riquet bei der Planung besoffen gewesen, was natürlich sehr abwechslungsreich ist. Die großen Bäume am Ufer sind sehr eindrucksvoll. Die Bilder von den tunnelartig zugewachsenen Platanen-Alleen sind bekannt. Abwechselnd folgen dann 2 bis 3 m hohe Dämme rechts und links, bewachsen mit Gebüsch. Dann kommen mal Aufschüttungen von rotem Sand, so ca. 5 m hoch, eine Felswand zieht sich auch mal einen km neben uns her. Findest du mal ein Plätzchen, wo du ins Hinterland sehen kannst, entweder Weinberge oder Felder und ganz im Hintergrund die kahlen Ausläufer der Pyrenäen.

Das Wasser ist sehr flach und durch die vielen Boote total aufgewühlt und schlammig. Boot waschen mit Bachwasser kann man vergessen. Obwohl dies oftmals sehr notwendig wäre. Die Sträucher hängen an vielen Stellen bis zur Mitte des Kanals, hast du dann Gegenverkehr und musst ausweichen, landest du unweigerlich im Gebüsch und siehst anschließend aus, als hätte einer seinen Müllsack über dich ausgelehrt.



Natürlich gibt es auch Highlights, Carcassonne ist so umwerfend, dass ich sogar eine Postkarte kaufe, weil keine von mir gemachte Fotographie dieses Bild einfangen kann. Wir laufen stundenlang in dieser Mittelalterlichen Stadt herum, die noch völlig intakt und bewohnt ist. Jeden Moment erwartest du, dass ein Trupp Geharnischter hoch zu Ross um die Ecke kommt. Natürlich war auch hier mein Freund St. Louis neuvième maßgeblich beteiligt.

Der Kanal wäre sehr idyllisch, würden nicht ständig 10 Charterer um dich rum schnurren. Nur jede Idylle wird mit der Zeit langweilig, wenn sich landschaftlich so gar nichts ändert.

Die ganze Woche ist es unerträglich heiß, heute haben wir Starkwind. Genug jetzt mit dem Gejammere, man kann es den Bootsfahrern einfach nicht recht machen.

Noch sind die Ferien nicht angelaufen, ich will mir nicht vorstellen, was im Juli und August hier los ist! Ich denke schon mit Schrecken an unsere Rückfahrt. Hugo und Rosi geben bereits am Anfang der Woche völlig entnervt und entkräftet auf und drehen um. Sie kämpfen sich bis Narbonne durch und umgehen das letzte Stück Midi indem sie übers Mittelmeer fahren. Wir überlegen auch in diese Richtung, ist aber Wetter abhängig und wir haben ja auch noch etwas Zeit um die Entscheidung zu treffen.

In Port Lauragais verbringen wir unser vorletztes Wochenende.

Ein künstlich angelegter, großer und sehr schöner Hafen mit einer Gedenkstätte für Riquet. Unser Kahn hat innen u. außen eine Generalreinigung nötig, durch den starken Wind schauen wir nicht nur außen aus wie ein Kiesdampfer, sondern auch innen. Und wie das so ist, ich brauche nur den Deckel der Waschmaschine in die Hand zu nehmen, schon regnet es. Dafür ist Sonntag wieder trockenes Wetter, aber nicht so heiß, wir können eine Radtour machen und die Wasserversorgung des Midi in Naurouze auf der Wasserscheide besichtigen.

Das Radfahren auf den unbefestigten Feldwegen ist sehr mühsam, gegen Mittag kullern wir völlig ermattet in eine kleine Kneipe um uns zu erfrischen. Und weil halt schon Mittag ist, wollen unsere Begleiter Bärbel u. Ernst natürlich auch essen. Ich bestelle mir etwas kleines Kaltes, weil Fahrrad fahren, warm u. Bauch voll ist keine gute Mischung. Manfred entdeckt auf der Karte Cassoulet das ist ein Eintopf aus weißen Bohnen. Jeder hat uns davon abgeraten, das wäre eine ungenießbare Pampe, also reden wir natürlich alle auf ihn ein, er solle sich doch was Gescheites bestellen. Doch er lässt sich nicht beirren. "Das wird jetzt probiert und wenn's nix is, auch nicht schlimm, hab sowieso keinen Hunger." Dann kommt's!! Auweiauwei!! Eine Tonschlüssel, so groß wie die, in der meine Großmutter immer den Hefeteig geknetet hat. Eben voll, es brutzelt und blubbert wie in der Hölle, die weißen Böhnchen hüpfen nur so und mittendrin steht der blanke Knochen eines Hähnchenbeins hervor. Mit der Schöpfkelle ein bisschen rühren, dann kommen jede Menge Ente, Hase, Hähnchen, Schwein und Schweineschwarten hoch. Und schmecken tuts, es ist nicht zu beschreiben. Wir anderen sind ganz grün vor Neid. Doch sollte einer glauben, mein armer, appetitloser Spatzel würde sich zieren, Fehlanzeige, bis auf einen kleinen Rest Bohnen und Schwarten verputzt er alles. Trotzt Underberg büßt er diese Fressorgie zwei Tage lang. Doch als er verkündet:" Auf dem Rückweg halte ich hier wieder an, da freu ich mich jetzt schon drauf.", hält sich mein Mitleid sehr in Grenzen.

Ab Castelnaudary nehmen die Charterer dramatisch ab. Doch einen dürfen wir noch genießen, der sich in jeder Schleuse vor uns quer verkeilt, weil die Alte nicht ein einziges Mal mit dem Tau einen Poller trifft. Also erbarme ich mich, zeige ihr wie man's macht, bis es einigermaßen klappt. Er hockt oben drauf, wie auf einer Flybridge, das Tau lässig in der Hand, aber wichtig gucken, und Manfred hält Fender zwischen unsere Boote. In der letzten Schleuse prahlt er dann, was er schon alles kaputt gemacht hat, einschließlich des Niedermachens eines Schleusentores.
" Oh eiserne Selbstbeherrschung, bitte verlasse mich nicht. Ich muss ihn erst würgen und dann mit dem Bootshaken an die Schleusenwand nageln." Meine Kehle ist wie zugeschnürt, ich glaub ich brauch nen Kümmerling.

Der Midi wird zu seinem Ende hin freundlicher, die Dämme weniger hoch, man kann auch das Hinterland einsehen. Eine Mittelgebirgslandschaft. Sanfte Hänge, bewachsen mit goldenen Getreidefeldern, Tabak, Sonnenblumen, Hügel mit Wald, das ganze wirkt sehr aufgeräumt und ordentlich.

Vor uns Toulouse, die "rosige Stadt". Diese Stadt ist wirklich erstaunlich. Sie ist nicht nur heiß und voll, der Verkehr ist grauenhaft, Autos, Busse und Mopeds rasen kreischend über die Straßen, als lieferten sich die Fahrer endlose Duelle. Noch schlimmer ist der stehende Verkehr in dieser pulsierenden Stadt. Und wenn du all dies vergessen kannst, dann siehst du nur noch die wirklich alte, rosa Stadt. Wobei rosa nicht der richtige Farbton ist. Die Farbe ist Lachs über Terrakotta bis ziegelrot. Alle Gebäude sind in diesen Farbtönen gehalten, selbst der Asphalt der Bürgersteige ist rot eingefärbt. Alle Kantsteine oder Beeteinfassungen sind aus rotem Granit. Und erst die Parks und Gärten, ein Traum aus alten Bäumen, Blumen, Springbrunnen, kleinen Seen. Die ganze Stadt atmet Reichtum, entstanden, weil hier das High-Tech-Zentrum Frankreichs zuhause ist. Ob mein Freund Ludwig IX. auch die Finger drin hatte, kann ich leider nicht feststellen. Doch heilig oder scheinheilig, er war ein strammer Bursch, ich kenne einige Damen, die hätten ihn nicht von der Bettkante geschubst.
Ein Andenken an Toulouse dürfen wir natürlich behalten. Beim Ablegen touchiert uns ein Charterboot vorne am Bugkorb, zerkratzt das Holz der Reling.
Damit wir dann nicht aus der Übung kommen, rammt uns im Canal Lateral a la Garonne ein Nachen, zwei dicke Kratzer im Rumpf.

"Lass uns bitte keine "submarine" aus unserem Dampfer machen, wir haben's doch bald geschafft."

1200 km bis ans Mittelmeer haben wir kratz- und schadlos überstanden, (Mast war Schicksal) aber die 200 km Midi!!!!