www. Beluga-on-Tour.de
Navigation


•   Alltag an Bord

•   auswintern

•   Morgen wird ausgewintert

•   Jedes Jahr das Gleiche

•   Ein langer Winter

•   Die Frau an Bord

•   Die Bordfrau hats nicht leicht

•   Besuch an Bord

•   schon wieder Besuch an Bord

•   Unser Freund Hock

•   Nachricht in die Heimat

•   Neuerungen an Bord


•   Klo an Bord

•   Brief nach Hause

•   Speisen wie Gott in Frankreich

•   Humor ist wenn man trotzdem lacht

•  Land unter Normalnull

•  Als Skipper hat man's nicht leicht

•  Herbst

•  Stapellauf am Rhein

•  Menschen unterwegs


Besuch an Bord

 

Wir erwarten Besuch.

Besuch an Bord muss die achte Hiobsche Plage gewesen sein.

Allein die Ankündigung einer Einquartierung ist bereits eine Drohung und bringt totale Unruhe an Bord.

Man braucht eine Ortschaft, die gut erreichbar ist und einen Platz, wo die Besucher ihr Auto abstellen und bequem ins Boot einsteigen können.

Getränke müssen vervielfacht werden. Gegen die Erkenntnisse von Adam Riese trinken 4 Personen nicht etwa das Doppelte von Zweien, sondern das 10fache.

Die Frage der Mahlzeiten bringt die Bordfrau an den Rand der Selbstzerfleischung. „Was koche ich nur?“ Diese Entscheidung ist noch weit quälender als: „Was ziehe ich nur an?“

Es müssen Mahlzeiten berücksichtigt werden, an die kein figurbewußter Mensch je denkt. Kaffee und Kuchen, der kleine Hunger zwischendurch, nicht nur eine richtige Mahlzeit am Tag, sondern zwei . Ja ganze Menüs, mit Vorspeise, Hauptgericht und Dessert.

Und natürlich muss man auch die landestypischen Köstlichkeiten berücksichtigen und in den Speiseplan einbauen.

Normalerweise völlig unkomplizierte Landgänger entwickeln sich auf dem Boot in einer nicht nachvollziehbaren Metamorphose zu einer Kreuzung zwischen neunköpfigen Raupen und Tausendfüsslern. Sie schleppen Taschen und Beutel an, verteilen Schlafsäcke und Kissen, Strickjacken und Jogginganzüge an Bord und belagern jedes freie Plätzchen mit Handy, Fotoapparat und Schlüsselbund.

Sie suchen ständig ihre Zigaretten und Feuerzeuge und wandern halbstündig nach draußen, weil im Boot Rauchverbot herrscht und verstreuen ihre Asche gleichmäßig über das ganze Deck. Sie sitzen immer dann auf der Toilette, wenn andere rein müssen, verdrehen in konstanter Bosheit die Okulare des Fernglases, wollen bei den Tauen helfen und stehen immer am falschen Platz.

Die Damen geben beim Abtrocknen dem Geschirr eine weit bessere Lagerung und organisieren die Schubfächer neu. Sie waschen sich und Geschirr unter fließendem Wasser, werfen die unmöglichsten Dinge in die Toilette und wunderen sich wenn diese nicht mehr abpumpt.

Während die Bordfrau in der Pantry in vollendeter akrobatischer Meisterleistung ihre vielen Töpfe und Schlüsseln jongliert, finden die Besucherinnen endlich mal Zeit sich die Beine zu epilieren oder die Augenbrauen zu zupfen.

Die Damen brauchen morgens ihren Schönheitsschlaf oder stehen um 6 schon geschniegelt vor dem Herd. Während die männlichen Gäste den Skipper aus purer Güte und Sympathie von den ungesunden Alkoholvorräten befreien.

Und sie wundern sich, wenn den bootfahrenden Gastgebern die Erleichterung ungeschminkt im Gesicht steht, wenn der Besuch beendet ist und sie wieder glücklich abreisen.

Erschienen im Wassersport-Magazin "Wasserwege" Ausgabe 3/2006





zurück zur Startseite