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Menschen unterwegs

 

Es ist ein illustres Völkchen, das sich auf Frankreichs Wasserstrassen trifft.

Viele, viele Engländer, viele Holländer, etliche Deutsche.

Einige Skandinavier, die auf dem Weg ins Mittelmeer sind, meist mit Segelbooten.

Bevor man ihre Nationale erkennen kann, erkennt man sie schon an dem dicken Schild am Bug… 1,60 m….

Das soll heißen, dass jeder ihnen den gehörigen Respekt und vor allem Platz einräumen soll. Dass es andere Boote gibt, die vielleicht auch so tief gehen und deshalb nicht auf dem Treidelpfad fahren können, das kümmert sie wenig. Sie brauchen einfach die Mitte des Kanals. Dass Penichen diese Schilder konsequent übersehen, können sie nun gar nicht verstehen. Segler sind es nun mal gewohnt, dass Motorfahrzeuge ihnen in großem Bogen ausweichen (müssen).

Für die Herrn Holländer dagegen ist völlig klar, dass die französischen Wasserstraßen nur für sie gegraben wurden, denn sie sind ja nun mal das Volk, das den Wassersport erfunden hat. Sie stammen aus einer langen Tradition von Seefahrern und Binnenschiffern. Daher ist es ihnen völlig unverständlich, dass nicht an jeder Steganlage Plätze ausschließlich für Holländer freigehalten werden müssen. Sie erwarten grundsätzlich, dass alle eng zusammenrücken, wenn sie ankommen, ob das nun möglich ist oder nicht. Eigentlich erwarten sie sogar, dass kleine, ein wenig unscheinbare Boote ablegen, damit sie selber in die Nähe des Stromkastens kommen. Geschieht das nicht, können ihre Blicke scharf wie Dolche werden.

Sie okkupieren gnadenlos andere Boote, wenn sie keinen anderen Platz finden und wenn mal ein anderer die Dreistigkeit besitzt bei ihnen anzulegen, hört man sie meterweit mit den Zähnen knirschen.

Holländer sind unheimlich hilfsbereit. Ist ein holländische Boot in der Nähe kann man sicher sein, dass man Hilfe beim Anlegen bekommt. Sie sind einem kleinen Schwatz nie abgeneigt und lassen sich gerne zu einem Gläschen Wasauchimmer einladen.

Und man kann sich unbedingt darauf verlassen, dort wo Holländer liegen ist es garantiert preiswert.

Ich glaube, dass Engländer sich ihr Empire nur aufgebaut haben, weil sie ihrem lähmenden Klima entweichen und motivierte Ferien außer Landes verbringen wollten. Jetzt, da ihnen der Tourismus diese Ausflüge billiger und unblutiger vermittelt, haben sie dieses kostspielige Empire wieder liquidiert.

Allerdings besetzten sie wieder mal Frankreich.

Es ist ihnen aber noch nicht vollständig gelungen das hochmütige, oft anmaßende Benehmen von Kolonialherren gänzlich abzulegen.

Gentleman ist in aller Welt keine zuverlässige Kennziffer mehr.

Sie liegen mit ihren großen Pötten oder kauzigen Narrow-Booten ganz sicher als erste auf einem Steiger und zwar mitten drauf. Man kann ganz sicher sein, dass es dort immer preiswert bis kostenlos ist. Selbstverständlich halten sie dann auch die Stellung. Unerbittlich, wochenlang. Sie haben Jahrhunderte lange Übung im Besitzstandswahren.

Wenn Engländer häufig als kurios eingestuft werden, so ist mancher französische Hafen ein ganzes Kuriositätenkabinett.

Ich liebe den englischen Humor, die ganzen Idiosynkrasien der Briten, ihren komischen Hochmut Fremden gegenüber, ihren Intellektualismus bis zur Magenverstimmung.

Es gibt welche, die kriegen vor lauter Arroganz ihre Klappe nicht auf, antworten in Französisch, wenn man sie englisch anspricht und englisch, wenn man französisch grüßt.

Aber…. Sie gehören zu den wenigen, die immer das Gas wegnehmen, wenn Boote am Ufer liegen und sich vorbei schleichen, dass sich nicht mal das Wasser kräuselt.

Trafalgar verpflichtet!

Holländer und Briten verbindet nicht nur das Freibeuter-Gen, man kann gar eine gewisse, in nostalgischer Mühsal erworbene Seemannschaft bei ihnen erkennen.

Sie holen abends ihre Nationale ein. Allerdings bin ich sicher, dass Holländer sie, von der Größe her zu urteilen, als Betttuch benutzen, während sie bei Briten ganz sicher als Überwurf dient, evtl. sogar als nächtliche Dekoration des Konterfeis von Her Highness Elisabeth Windsor. God safe the Queen, es kann auch die orangene sein.

Franzosen!

Sie haben ja ihren König schon mal um einen Kopf kürzer gemacht.

Für sie ist jedes Verbot eine direkte Aufforderung es zu umgehen.

Ihnen begegnet man höchst selten auf Frankreichs Kanälen. Die größten Chancen hat man im August, wenn alle, wirklich alle, Franzosen Urlaub zu machen scheinen.

Dann sind die eh schon wenig bevölkerten Dörfer wie ausgestorben und man könnte leicht vor den geschlossenen Bäcker- und Metzger-Läden verhungern.

Apropos essen!

Franzosen werden um Punkt 12 zum Hüter des heiligen Krals. Es ist Mittagspause.

Mittagspause heißt essen, und das ausgiebig.

Ein Franzose käme nie auf die Idee zwischen zwei Schleusen schnell eine Kleinigkeit hinunter zu schlingen.

Franzosen legen an!

Sie packen Stühle und Tische ins Gras oder okkupieren einen Picknick-Tisch.

Stangenweise liegt dann Baguette bereit, Käse, Rotwein natürlich.

Sie festen zu jeder Mahlzeit, egal wo und in welcher Umgebung.

Wenn sie fertig sind, nach wenigstens 2 Stunden, könnte leicht eine Hühnerstall-Besatzung von ihren Baguette-Krümel-Überresten satt werden.

Mit Boot fahren allgemein haben sie es nicht so streng, die Franzosen, genauso wenig wie mit dem Autofahren.

Mal eine Beule hier, oder ein Kratzer da, was oder wem schadet das? Da müssen sich die Kanalinvasoren halt nicht so pingelig anstellen.

Und überhaupt!

Die Ausländer sollen sich mal klar machen:

Kanäle sind ja wohl das Angelrevier der Grand Nation. Das demonstrieren sie überdeutlich in dem sie grundsätzlich auf der gegenüberliegende Kanalseite angeln und sehr unwirsch reagieren, wenn man sie hinter der Kurve nicht sofort sieht, oder am Schleusentor keinen Haken schlägt.

Und dann sind da noch wir Deutschen.

Wir sind uns völlig darüber im Klaren, dass wir der ungenauen Präzision der Franzosen weit überlegen sind.

Leicht teutonisches Banausentum und hin und wieder ein bisschen snobistische Flegelhaftigkeit lässt uns über das Anderssein der Anderen durchaus die Nase rümpfen.

Jedoch scheint mancher offensichtlich von brennendem Ehrgeiz erfüllt als Gourmet und Connaisseur der französischen Küche zu gelten.

Sie brüsten sich mit Froschschenkel und Schnecken, ergehen sich in Novelle Cuisine und meckern, dass die Franzosen keine Wiener Schnitzel kennen.

Sie schwärmen in Frankreich von den widersprüchlichsten Genüssen der Heimat. Sie paaren Schillerlocken und Mozartkugeln mit Bismarckheringen. Salzburger Nockerln mit westfälischem Schinken. Sie streichen Straßburger Gänseleberpastete auf rheinische Wingertsknorzen, belegen Berliner Pfannkuchen mit Braunschweiger Mettwurst, bestreichen Gütersloher Pumpernickel mit elsässischer Kapernsoße und setzen auf einen falschen Hasen drei Königsberger Klopse.

Wir nehmen auch gerne kostenlose Liegeplätze, würden es aber nie zugeben, um ja nicht als Geizkragen zu gelten.

Wir Germanen mit unseren blitzblanken Hinterhöfen sind doch die wahren Philanthropen Europas! Oder etwa nicht?

Ach ja, die Schweizer, dieses kleine zähe Bergvolk aus den Alpen. Sie haben ihren Käse über ganz Europa verbreitet.

Mit dem Temperament einer Valium gedopten Schnecke sind sie manches Mal, besonders im Einzugsgebiet von Basel, etwas hinderlich.

Mit liberaler, französisch-italienisch gespritzter Muttermilch gesäugt, sind sie

zwar der unbezwingbare Bacchus vor der Flasche Vin Rouge aber meist recht gemütliche, neutrale Zeitgenossen.

Fast hätte ich die Belgier vergessen. Sie sind schlau. Sie haben das Muster ihrer National-Flagge der Trikolore der Franzosen geklaut und uns die Farben.

Sie mogeln sich halt so durch.

Immer schön aufpassen, dass man den Kakao, durch den man gezogen wird, nicht auch noch trinkt.

So unterschiedlich diese Wassersportler auch sein mögen, eines haben sie alle gelernt:

Wasser und Boote sind ein potenzielles Notstandsgebiet ohne Gnade, auch wenn man vorsichtig ist und beide mit Respekt und Umsicht behandelt, werden sie immer versuchen uns auszutricksen. Oftmals mit großem Erfolg!

 

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