Der Johannisgeist

In der Nähe des kleinen Städtchens Weil am Rhein, da wo das Flüsschen Kander in den Rhein mündet, liegt inmitten des Flusses ein kleiner Wasserfall, genannt die Isteiner Schwelle. Da hinein wurde vor langer Zeit ein böser Rheingeist verbannt. Im Sommer hört man oft an den kühlen Ufern des Rheins ein eigentümliches Singen und Rufen aus den Tiefen des Wassers. Zuweilen hört es sich aber auch so an, als rufe ein Ertrinkender um Hilfe. Da dies meistens am Gedenktag des heiligen Johannes geschieht, wird der böse Rheingeist auch Johannisgeist genannt.

Aber Vorsicht, diesem Rufen und Singen darf man nicht nachzugehen und ihm auch nicht antworten, denn das ist der böse Johannisgeist.

Wer seinem Ruf folgt, den lockt er in den späten Abendstunden mit zauberischem Singsang in den Fluss und zieht ihn zu sich in die kalte Tiefe. Umsonst erwarten ihn seine Lieben zu Hause. Der Johannisgeist lässt ihn nicht lebendig entkommen.

Auch wer in der Johannis-Nacht in den frischen Fluten des Rheins ein Bad sucht, ist unrettbar verloren. Mit wilder Gewalt ergreift ihn der Johannisgeist an den Füssen und zieht ihn unter Wasser in seine Höhle unter dem Wasserfall. Nur die Kleider findet man am anderen Morgen am Ufer liegen. Erst am dritten Tage wirft er den Leichnam ans Land. Um den Hals des Toten sieht man dann einen blauen Ring. Das ist ein sicheres Zeichen, dass ihn der Rheingeist in der Johannisnacht erwürgt hat.

A. Würtenberger 1930, gefunden und überarbeitet von Werner Reuters

 

 

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