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Kapitel 2

•   Der Rhein
•   Der Rheingau
•   Das Boot und wir
•   Abenteuer Langsamkeit
•   Die Bergstrecke
•   Die Loreley

Der Rheingau



Und wenn ich schon ins Schwärmen gerate, dann konnten sich Berufs-Romantiker wie Heinrich Heine oder Clemens von Brentano der Ausstrahlung dieses sagenumwobenen Flusses überhaupt nicht entziehen.
Goethe erwanderte sich das Rheintal genauso wie Viktor Hugo.
Dem war der Rhein sogar ein ganzes Buch wert.
Karl Zuckmeier liebte die Völkermühle des Rheins, schätzte einen guten Tropfen Rheinwein und die Fasnachtsbeichte im Mainzer Dom.



Seit Römers Zeiten war Wein ein ganz besonderes Kapitel im Rheingau.
Die Jungs waren clever, entdeckten, dass auch in so kühlen Gegenden wie Gallien und Germanien die Flusstäler ein mildes Klima aufwiesen und ließen deshalb auch hier ihren Wein anbauen.
Sie brachten Fässer und Amphoren mit und der Rebensaft verbrachte sein ganzes Leben in diesen Gefäßen.
Flaschen wurden lediglich als Karaffen zum servieren am Tisch benutz. Das änderte sich erst gegen Ende des 17.JH. als irgend jemand den Korken erfand.
Wein in verkorkten Flaschen konnte viel länger gelagert werden, ja mancher reifte noch nach und entfaltete ein köstliches Bukett.

Die meisten Weine wachsen auf Böden, die für normale landwirtschaftliche Nutzung ungeeignet sind.
Im Rheingau entwickelte sich eine Weinkultur der Höchstform. Der Weinanbau erreichte seine höchste Vollendung. So verwundert es natürlich niemanden, dass viele der weinanbauenden Familien seit mehr als 600 Jahren den gleichen Weinberg bearbeiten und man die feinsten Adelshäuser mit so klangvollen Namen wie Prinz Friedrich zu Preußen, Graf zu Eltz, Freiherr Langwerth von Simmern, Baron Ritter zu Groenesteyn, Graf Schönborn, Landgraf von Hessen, Fürst Löwenstein, die Fürsten Metternich oder die Grafen Matuschka-Greifenklau hier findet. Wobei den letzteren ihr reiches Erbe nicht viel Glück, den Brüdern den Freitod und das Weingut in fremden Besitz gebracht hat. Mancher, der mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wurde, verschluckt sich schon mal an den heranfliegenden gebratenen Tauben, weil auch reicher Leute Kinder oftmals nur arme Schlucker sind. Ein armer Winzer ist wohl keiner der Herren geblieben, denn es zeugt nicht gerade von sozialer Härte in so bescheidenen Häusern, wie Schloss Vollrads oder Schloss Johannisberg, Schloss Reinhartshausen oder Schloss Eltz leben zu müssen. Auch die bürgerlichen Weingüter, heute teilweise mit sehr eleganten Gutsausschänken, müssen sich im Rheingau nicht verstecken. Winzergenossenschaften und Staatsweingüter sind entstanden, die Geisenheimer Weinbauschule produziert hervorragenden Wein, alles baut die Rieslings-Rebe an und über dem ganzen Landstrich schwebt der Odem des Exklusiven, des Besten und Teuren. Ein Grundstück oder ein Haus oder eine Eigentumswohnung hier zu erwerben ist nur noch Privilegierten vorbehalten, andernfalls kann man sich den guten Tropfen abends in einer Straußwirtschaft nicht mehr leisten.
Egal wie edel, vornehm oder einfach die Herkunft, vor dem Preis steht der Fleiß.
Das trifft ganz besonders auf die teilweise sehr schwer zu bearbeitenden Hanglagen zu.


Ein Winzer, der am Tode lag,
rief seine Kinder an und sprach:
„In unserm Weinberg liegt ein Schatz;
grabt nur danach!“ – „An welchem Platz?“
schrie alles laut den Vater an.
„Grabt nur!“ – O weh! Da starb der Mann.
Kaum war der Alte beigeschafft,
so grub man nach aus Leibeskraft.
Mit Hacke, Karst und Spaten ward
Der Weinberg um und um gescharrt.
Da war kein Kloß der ruhig blieb;
Man warf die Erde auf ein Sieb
Und zog die Harken kreuz und quer
Nach jedem Steinchen hin und her.
Allein, da ward kein Schatz verspürt,
und jeder hielt sich angeführt.
Doch kaum erschien das nächste Jahr,
so nahm man mit Erstaunen wahr,
dass jede Rebe dreifach trug.
Da wurden erst die Söhne klug
Und gruben nun jahrein, jahraus
Des Schatzes immer mehr heraus.
Ihr Leutchen, Schätzegräberei
Ist just nicht immer Narretei.


Aber nicht vergessen, auch die Rheingauer, genau wie die eleganten Wiesbadener, sind und bleiben „Hesse“.
Bei uns „Sandhase“ auf „der anner Seit“, im pfälzischen, geht’s nicht so vornehm zu.
Wenn auch Ingelheim einen recht trinkbaren Rotwein zustande bringt, so liegen doch die Stärken dieses Gebietes eher in seinem Spargelanbau und der Obsterzeugung.
Doch rüge mir keiner den Nahewein. Ich mag ihn lieber als den Rheingauer, denn er hat weniger Säure, ist lieblicher und entflammt meinen Sod nur selten.

Wie es Rüdesheim gelungen ist zu einer Touristenattraktion aufzusteigen, während es Bingen geschafft hat in die touristische Bedeutungslosigkeit abzusinken, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Klöster, Kirchen, die Hildegard von Bingen, Burgen und Schlösser, Weinberge, die Nahe, eine vernünftige Anbindung an die Autobahn, alles haben sie, nur eben keine Drosselgasse.
Das macht’s wohl!

Die Erde wär ein Jammertal voll Grillenfang und Gicht, wüchs uns zur Lind’rung unsrer Qual der edle Rheinwein nicht.