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Kapitel 1
Heimat


Kapitel 2
Loreley

Kapitel 3
Die Mosel


Kapitel 4
Canal de la Marne au Rhin

Kapitel 5
Canal de la Marne á la Saône
Unsichere Zeiten in Langres
Abwärts zur Saône

Kapitel 6
Auf der Saone


Kapitel 7
In der Seille

Kapitel 8
Zurück auf der Saône

Kapitel 9
Der Doubs

Kapitel 5

Canal de la Marne a la Saône

Unsichere Zeiten in Langres

 

Da Margreth nicht so gut zu Fuß war, hatten die Herren ein Einsehen mit den Damen und spendierten ein Taxi für die 5 km Hügelauf in die Stadt. Und nach dem Stadtrundgang auch wieder zurück.

Doch am nächsten Tag war sofort wieder Radfahren angesagt.

Radfahren zu einem der Speicherseen des Kanals, Lac de la Liez.

„Der See ist höchsten 2 km entfernt.“

Zeit und Entfernungen drehte Manfred immer genauso hin, wie es ihm gerade in den Kram passte. 10 km konnten da leicht auf 2 schrumpfen und aus einem Tag konnte locker eine halbe Woche werden. Es kam völlig auf seine diversen Sichtweisen an.

Sie fuhren über die Straßenbrücke und wollten auf den darunter liegenden Treidelfahrt. Es gab keinen Zugang an dieser Stelle. Es war kein Problem eine Böschung mit einer Steigung von 80 % herabzurutschen.

„S next mol nähm i a Säil und a Bieckäel mit, wenn wir mit dir Rad fahre!“ äußerte Luciano ein wenig skeptisch.

Der Treidelfahrt durfte hier nur vom Schleusenservice befahren werden, wahrscheinlich weil er so schmal war. Und prompt kam ihnen auch ein Auto entgegen. Es hielt an, die Insassen grüßten freundlich, ließen die Radfahrer passieren. In Deutschland hätten die Schleusenwärter sofort die Polizei gerufen und die Radfahrer in ellenlange, unfruchtbare Diskussionen und Beschimpfungen verwickelt.

„ Vive la France!“ dachte Doris.

Margreth hielt sich mit ihrem Rädchen immer dicht am Böschungsrand, damit sie beim Umfallen nicht im Kanal landete. Doch es wäre ja nicht Chiefleader Manfred, wäre die Tour so völlig stressfrei auf dem asphaltierten Treidelfahrt weiter gegangen. Oh nein. An einer Brücke kraxelten sie die 80 % Böschung wieder hoch, um auf einem unbefestigten Feldweg weiterzuradeln. Aber schon nach 6-7 km hatten sie den See erreicht. Ein schöner See, doch leider war es viel zu kühl und windig zum baden, also die 7 km oder so wieder zurück.

Beim auf- und absteigen rutschte der Lenker von Doris' Rad immer ein Stück nach unten. Was man selbstverständlich nicht etwa auf eine nicht richtig festgezogene Schraube am Lenker, sondern auf ihr Fliegengewicht schob. Was natürlich an sich schon eine böswillige Unterstellung war.

Absteigen war für Doris auch nicht so einfach. Sie stellte sich wirklich etwas dämlich an, was sie aber niemals zugeben würde.

„Du hast eine Bremse am Fahrrad, du brauchst nicht mit den Füßen zu bremsen und rum zu hoppeln wie ein Känguru.“

Sie spielte mit dem Gedanken ihn zu treten, entschied sich jedoch dagegen, weil sie befürchtete das könnte sich irgendwie rächen.

Also endete die Fahrt völlig ereignislos.

 

 

 

Luciano hatte als Begrüßungsgeschenk für jedes Boot ein Zwei-Personen-Raclette spendiert. Die sollten an diesem Tag ausprobiert werden.

Sie hatten Strom, das Wetter war auch noch in Ordnung, obwohl der Barometer bereits einen vollen Tag Weltuntergang vorhersagte.

„Manfred, lug ä mohl, dez Raclää hät jo an schwitzer Stäckr!?“, das war Luciano jetzt aber wirklich peinlich.

Der kleine Grill hatte einen Stecker mit 3 Zapfen, wie alle Schweizer Elektrogeräte.

Manfred beäugte das Ding ein wenig argwöhnisch.

„So eine K... und ich hab keinen Stecker dabei.“

„Warum zwickst du denn den dritten Zippel nicht einfach ab?“ Um Ideen war Doris nie verlegen.

„Weil das die Erde ist. Mir macht das ja nichts aus, aber du kreischst doch immer gleich rum, wenn's an den Finger kribbelt.“ Und Manfred nicht um Argumente.

Sie konnten ihr Raclette ohne kribbeln und ohne 3. Zipfel machen und außer einem flügellahmen Enterich, der Brot und gekochte Kartoffeln bettelte, gab es keinerlei Störung. Allerdings durften sie Völlegefühl und Blähungen keinerlei Beachtung schenken.

 

Der lange Kai in Langres hatte sich schnell mit Booten gefüllt. Die Belgier waren ihnen wieder aufgelaufen. Ein Schwede kam mit einem Segelboot. Vorne drauf hatte er ein riesiges Schild 1,80 m und er stellte sich an wie alle Segler. Die noch vorhandenen Plätze waren ihm zu klein oder nicht tief genug. Manfred bot ihm nach einer Weile des Suchens und Umherirrens an, sich doch auf Beluga zu legen. Das war ihm eigentlich auch nicht recht, aber in der Not frisst der Teufel Fliegen. Was er nur machen sollte, wenn eine Peniche käme, jammerte er rum. Doch eigentlich gab es nichts zu jammern, denn wenn sich zwei Penichen begegnen, müssen sie ja auch aneinander vorbei kommen.

Er wollte unbedingt noch eine Landverbindung ausbringen. In dem völlig ruhigen Kanal nur an Beluga festgebunden zu sein, das war ihm suspekt. Manfred, am Ufer stehend, wartete auf ein Tau und einen Erdnagel. Als Doris sah, was der Segler für einen Nagel und Hammer auspackte, eilte sie an ihre Alukiste und begann ihre eigenen Sachen rauszukramen. Mittlerweile hatte der Segler sein Nägelchen mit seinem Spielzeughämmerchen ins Ufer geklopft, einmal dran gezogen und er hatte es wieder in der Hand.

Als Manfred seinen Erdnagel einschlug, sagte Luciano zum Schweden: „Lug ä mohl, däss isch än Hammäer gsie.“

Der Segler verdrückte sich beschämt, nur um am nächsten Tag irgendwo ein Stück Eisen zu klauen und sich einen ordentlichen Nagel zu machen.

An diesem Tag würde er auch, nachdem er mindestens 100 mal auf Beluga rauf und runter geklettert war, den gleichen Platz am Ufer einnehmen, der ihm tags zuvor zu flach war. Für das Bereitstellen des Erdnagels verehrte er Manfred eine Tube schwedische Spezialität. Kaviar stand drauf, war aber nicht drin, war jedoch so salzig, dass allen sofort klar war woher die Schweden ihren ständigen Durst hatten.

Der Erste an der Uferfront war ein Australier. New Zeeland hatte er im Fenster seines Luxemotors stehen. Nachdem plötzlich sämtliche ankommenden Boote eine Spring auf einen Erdnagel setzten, holte er stolz einen Hammer hervor, mit dem wohl Thor schon geglänzt hatte. Mit beiden Händen klammerte er den überdimensionalen Stiel, holte aus und donnerten den Hammer ins Land, dass Gras, Erde und Steine nur so durch die Gegend flogen. Etwas irritiert wischte er den Hammer mit seinem Taschentuch ab und versuchte einen neuen Anlauf. Mächtig hämmerte er auf den Nagel ein und genauso mächtig warf er sich in die Brust und blickte stolz um sich, um festzustellen, ob auch jeder sah, dass er tatsächlich traf.

Ein dritter Belgier trudelte ein. Sein Hund war eingegangen, der Urlaub war ihm vermiest, er war auf dem Heimweg, obwohl er eigentlich bis Ende Juli bleiben wollte.

Ein Riesenpott mit einem französischen Nationalen am Heck, was Doris jedoch für Tarnung eines Engländers hielt, traf ein, belegte den Platz von zwei Sportbooten. Seine Bordfrau reckte ihre spitze Nase so hoch in die Luft, dass sie aussah wie ein Maulesel der einen Apfel pflückt. Der Herr Kapitän redete mit der übersteigerten Konzentration desjenigen auf sie ein, der immer schon ein Schwachkopf war. Er kriegte vor lauter Arroganz seine Klappe nicht auf, um zu den anderen wenigsten bonjour zu sagen. Also half ihm auch keiner beim Anlegen. So einfach war das.

Und zwischen das ganze Chaos mogelte sich fast unbemerkt noch ein Bumsboot an dessen Heck die Kiwi-Nationale flatterte.

 

 

Für die Herren vom VNF war natürlich Hektik aufgekommen. Beluga und Chez Otti wollten eigentlich am Samstag schon wieder weiter. Sie ließen sich jedoch vom Barometer in die Irre führen und verlängerten ihre Liegezeit bis Montag. Natürlich wurde die Schleusenverwaltung von der Programmänderung info rmiert. Was nur dazu führte, dass jetzt keiner der Schleusenwärter mehr wusste, wer wann wohin fahren würde. Es musste eine Liste gemacht werden.

Der Segler außen auf Beluga, wo kam denn der her? Und dessen Namen konnte der Schleusenmann weder lesen noch schreiben. Und wieso er überhaupt falsch herum im Kanal läge, wenn er doch Richtung Vitry fahren wolle. Und Beluga, wo wollte die denn hin? Richtung Tunnel? Und dann wieder retour? Selbstverfreilich nicht. Weiter durch den Tunnel. Es war nicht einfach. Das belgische Boot hatte auch so einen komischen Namen, den man als Schleusenwärter nicht so einfach schreiben konnte, welcher Franzose weiß schon wer Mobby Dick war. Sie mussten das selbst erledigen. Dann stand der Name auch noch an der falschen Stelle auf dem Zettel. Sämtliche Bootsbesatzungen versammelten sich am Ufer und redeten durcheinander. Dem Schleusenmann stand der Angstschweiß auf der Stirn.

Dazwischen lief Manfred mit einer Zange herum. Warum, wollte Doris wissen.

„Ich bin so daran gewöhnt, mit einer Beißzange neben mir spazieren zu gehen, wenn du nicht da bist, muss ich mich halt anders behelfen.“

Dieses Ekel, dabei reparierte er nur die defekte Lichtmaschine von einem der Belgier. Was natürlich seinen Heiligenschein sofort wieder zum Glänzen brachte.

 

Bis Montag hatte sich der Anleger ziemlich geleert. Allerdings mussten die Schleusenwärter im Laufe des Wochenendes 3-mal täglich nachfragen, wann es denn weiter ging. Sie schienen kein großes Vertrauen in ihre Liste zu haben.

 

 

 


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