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Kapitel 1
Heimat


Kapitel 2
Loreley


Kapitel 3
Die Mosel


Kapitel 4
Canal de la Marne au Rhin

Kapitel 5
Canal de la Marne á la Saône

Kapitel 6
Auf der Saone


Kapitel 7
In der Seille

Kapitel 8
Zurück auf der Saône

Kapitel 9
Der Doubs

Kapitel 9

 

Der Doubs

Le Doubs et Canal du Rhône au Rhin

 

Als sie am nächsten Morgen aufbrechen wollten, war Moni wieder mal abgängig.

„Du glaubst doch nicht, dass ich mich ständig von diesem kleinen Ungeheuer verarschen lasse“, knurrte Manfred, „wir zockeln schon mal langsam los. Du kannst uns ja nicht verfehlen Luciano.“

So kam es, dass sie ganz alleine schleusten und die 19 km nach Dôle zurücklegten. Als einziges Boot in der Schleuse zu sein, hatte natürlich auch erhebliche Vorteile. Sie konnten ganz hinten anbinden und hatten keinerlei Gezerre mit den Tauen. Das einschießende Wasser katapultierte den Bug von Beluga nicht von einer an die andere Schleusenwand. Sie waren den Doubs schon gefahren, als die Schleusen noch von Hand bedient wurden. Damals rissen die Schleusenwärter die Schütze in den Toren auf, dass Wassermassen mit Urgewalt in die Schleuse donnerten. Die ewig Gestrigen konnten dramaturgisch brisante Märchen davon erzählen und die nachgewachsenen Oberwichtigtuer werden weiterhin milde darüber lächeln.

Im Laufe der Zeit wurden die Schütze entschärft und die Schleusen automatisiert und sie konnten sie mit einem tollen elektronischen Gerät selbst bedienen. Wenn die Schleusen mal nicht so wollten, wie sie eigentlich sollten, schrieb das Gerät: Defekt aufgenommen, bitte warten. Das schrieb es öfter.

Von der Saône bis Dôle wurde ein Kanal gebaut, weil der Doubs in Dole seine Richtung änderte und eine Kanalisation viel aufwändiger gewesen wäre, als einen Kanal zu buddeln.

Sie legten grundsätzlich unterhalb der Brücke am Gelände der VNF an, um gegenüber in den Supermarkt einzufallen. Hinten wickelten sie ihr Tau um einen Baumstumpf, vorne schlug Manfred einen Erdnagel ein. Sie waren kaum fest, kam schon ein Angler anmarschiert.

Ob es ihnen was ausmachen würde, wenn er hinter dem Boot angelte, wollte er wissen. Ob er sie auch nicht störe? Es war eigentlich unfassbar. Sie lagen bestimmt an seinem Lieblingsplatz und er wollte ihre Erlaubnis hier zu angeln. In der Saône hatte der Angler Stöcke nach ihnen geworfen.

Auch die Leute vom VNF winkten ab, als sie um Erlaubnis fragten, ob sie dort liegen dürften. Sie könnten hier überwintern, grinste der Arbeiter, ihnen wäre das egal, nur abends, da schlössen sie das Tor ab, da müssten sie sich einen anderen Weg auf die Straße suchen.

„Die Franzosen sind unglaublich, “ sagte Doris zu Manfred, „versuch du doch mal bei uns zu Hause am Wasserbau anzulegen, die würden glatt auf dich schießen.“

Der Platz war wunderbar, ruhig und doch nicht sehr weit von der Innenstadt, denn samstags war Markt in Dôle. Dann war die Markthalle geöffnet und die Altstadt vollgestellt mit Buden und Ständchen. Ein Bild wie ein Jahrmarkt im Mittelalter. Dieser Atmosphäre konnten sie sich nie entziehen.

August ist der Ferienmonat der Franzosen. Entsprechend dünn ausgestattet war in diesem Monat auch der Markt. Schade fürs Auge, gut für den Geldbeutel.

Noch einmal durchquerten sie Dôle auf ihrem Weg in eine beeindruckende Platanenallee.

„Das musste ja mal passieren“, sagte Manfred kopfschüttelnd, „hab ich nicht gesagt, dass die alten Bäume gefährlich sind?“

Ja, das hatte er. Jedes Jahr, wenn sie hier vorbei kamen, hielt er Doris einen Vortag, dass sie gefälligst auf dem Achterschiff unter dem Gestänge des Bimini oder besser noch im Boot zu bleiben hätte, weil irgendwann mal einer dieser morschen Äste abkrachen und jemanden totschlagen würde. Sein Beschützerinstinkt war ungeheuer ausgeprägt. Manchmal ging er ihr mit dieser patriarchalischen Simplizität ganz schön auf den Geist.

Anscheinend war tatsächlich mal was passiert, denn sie lasen ein großes Schild, dass man hier nicht halten und anlegen dürfte und die Spazierwege auf beiden Seiten des Kanals waren mit großen Gittern abgesperrt. Da die französischen Behörden ihre Pappenheimer kannten und wussten, dass sich Franzosen generell nicht an Verbotsschilder hielten, waren diese Absperrungen nicht zu überwindende Hindernisse.

Dieser Wasserweg war wie ein Gemälde, in das sie hineinfuhren. Eine grüne Kuppel durch welche die Sonne vereinzelte Strahlen schickte. In diesem surrealistisches Bild müssten sich Waldelfen und Nereiden tummeln. Viel zu kurz und viel zu schnell zu Ende.

Nach zwei Stunden Fahrtzeit erreichten sie in Rochefort-sur-Nenon erstmals wieder den Doubs. Eine Écluse de garde, lang, mit einer Kurve, trennte den Kanal vom Fluss. Direkt daneben zog sich ein schmales Sträßchen unterhalb schroffer Kalksteinfelsen, vom Kanal nur getrennt durch Betonpoller, die teuflisch an Burgzinnen erinnerten. Sie hatten den Eindruck durch einen Burggraben zu fahren. Und als dieser Graben sich erweiterte, lag neben ihnen das wilde Wehr.

Nach dem Anlegen kletterten sie durch eine winzige Raul auf die Felsen und genossen einen unvergleichlichen Blick über den Fluss. Am Rand eines Felsens stehen, aufschauen in den blassblauen Himmel und einatmen, ein Stück Freiheit von dem man in der klaustrophobischen Enge einer Stadt nur träumen konnte.


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