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Kapitel 1
Heimat

Kapitel 2
Startschwierigkeiten am Rhein


Kapitel 3
Die Mosel


Kapitel 4
Canal de la Marne au Rhin
Wer den Schaden hat spottet jeder Beschreibung

Im Tunnel von Mauvages
Es geht abwärts

Kapitel 5
Canal de la Marne á la Saône

Kapitel 6
Auf der Saone


Kapitel 7
In der Seille

Kapitel 8
Zurück auf der Saône

Kapitel 9
Der Doubs

Kapitel 4

Canal de la Marne au Rhin

Im Souterrain von Mauvages

 

Es ging aufwärts mit ihnen.

Zwölf Schleusen aufwärts mit einer Treppe und der fast 5 km lange Tunnel von Mauvages. Das war der Tagesplan.

Diese beiden Schleusentreppen und die zwei Tunnel hatten sie schon des Öfteren an nur einem Tag bewältigt. Das konnte sie kein bisschen tangieren. Zwar zeigte sich der Himmel konturlos, doch er schien seine schwere Fracht noch nicht abwerfen zu wollen.

Die Schleusen waren hoch. Die Poller standen ungünstig für ihre Schiffsgröße. Das Wasser schoss durch die geöffneten Schütze wie ein Sturzbach. Es beutelte Belugas langen Bug von einer an die andere Schleusenwand. Sie beschlossen Beluga an Bug und Heck zu belegen. Das Tau mit dem Bootshaken einhängen ging nicht, sie reichte nicht hin und von unten waren die Poller nicht mehr auszumachen. Also musste das Tau geworfen werden. Auch das war kein Problem. Doris war ein geübter Lassowerfer. In vielen hundert Schleusen trainiert. Aber es war harte Knochenarbeit. Zwölf Schleusen, die längste Stauhaltung dazwischen gerade mal gut einen Kilometer, die meisten um die 600 m. Da blieb nur Zeit die Taue wieder zu richten oder schnell einen Schluck Wasser zu nehmen. Schon war der nächste Seilakt angesagt. Drei Stunden harte Arbeit.

„Jetzt haben wir's geschafft“, sagte Manfred, als sie endlich die Scheitelhaltung erreicht hatten, „ nur noch der Tunnel, das war's dann für heute.“

In der ersten Schleuse, in der sie auch die Fernbedienung für die Treppe erhielten, drückte ihnen der Schleusenmeister vier wichtige Zettel in die Hand. Die neuen Durchfahrtsbestimmungen und Regeln für den Tunnel. Sie rätselten, warum man heute wohl durch den Tunnel gezogen wurde. Ob irgendwann mal was passiert ist? Oder waren es einfach neue Gesetzte wegen des Tunnelunglücks damals am Mont Blanc? Sie wussten es nicht. Es war auch nicht von Bedeutung.

Ein Tauer, was auch immer das heißen sollte, es war ein elektrisch betriebener Kettenschlepper, zog die Schiffe im Konvoi, der Rame.

An Bord der Schiffe dürften sich nicht mehr als 8 Personen befinden. Warum nicht? Pubten die zu viel Methangas aus? Was machten die Hotelpenichen mit ihren Gästen? Sollte deren Problem sein.

An Bord durfte nicht geraucht werden, nicht gekocht, nicht mit Gas geheizt und auch sonst kein Rauch erzeugt werden.

Aber die Sportboote sollten den Motor nicht ausschalten, um manövrierfähig zu bleiben.

Was also sollte diese ganze schwachsinnige neue Regelung. Wenn man den Motor laufen lassen konnte, konnte man auch selber fahren. War Abgas von Verbrennungsmotoren weniger giftig als Zigaretten oder Zigarren-Rauch?

Die einzig vernünftige Warnung war die vor den Stromleitungen an der Tunneldecke. Wenn ein Bootshaken mit 600 Volt Bekanntschaft macht, könnten drunter in Sekundenschnelle gegrilltes Boatpeople liegen.

Zwei Stunden Pause, zum essen und sich ausruhen, dann schoben sich zwei Penichen gemächlich, im Schneckengang auf sie zu. Sie passten kaum an der vor ihnen wartenden Peniche vorbei.

Penich Nemesis, Beluga, Chez Otti. Das war die Reihenfolge. Nemesis übergab ihre Taue an den Kettenschlepper. Dann übernahm der Skipper die Taue von Beluga. Anschließend hechtete Doris zum Heck um die Taue von Chez Otti zu übernehmen. Die Rame stand, es konnte losgehen.

Der Tauer setzte sich in Bewegung. Nemesis kratzte seitlich an der Mauer des Ufers. Der Skipper drehte wild am Steuerrad. Die Heckwelle verbeutelte Beluga, zerrte auch sie gegen die Rundung des Ufers in der Kurve. Chez Otti wurde mit dem Heck gegen das Ufer gepresst, die Fender hüpften aufs Gras. Na, das fing ja schon richtig gut an.

Der Tauer verschwand im Tunnel.

Nemesis machte den Motor aus. Der Tunnel war taghell beleuchtet. Diesen Tunnel hatten sie früher schon mehrmals innerhalb von 30 Minuten alleine durch fahren.

Manfred holte eines der Taue etwas nach, damit Beluga besser in der Mitte des Kanals blieb. Leider Fehlanzeige. Ständig wurde sie mit der Steuerbordseite gegen den Laufsteg gedrückt.

Oh, die armen neuen, schweinisch teuren Fender. Manfred kurbelte wie verrückt, setzte die Bugschraube ein. Es half immer nur Minuten. Jede Bewegung von Beluga übertrug sich auch auf Chez Otti. Luciano drehte sein Ruder in alle Richtungen. Das Heck scheuerte an der Mauer. Mit dem Motor zerrte er Chez Otti von der Mauer weg und Beluga auf die Seite. Mit dem Erfolg, dass Beluga noch schneller und härter gegen die Mauer prallte. Der Schiffsmann von Nemesis setzte sich auf seine Reling um mit den Füßen sein Schiff von der Mauer abzustoßen, damit endlich das durchdringende Kreischen von Stahl auf Stein aufhörte. Das Brummen des Motors und das Rattern der Oberleitung des Tauers war schon nervtötend genug.

Nemesis legte sein Ruder anders. Die Verwirbelung des Wassers drückte Beluga an die linke Tunnelwand. Hier war kein Laufsteg. Die Fender wurden plattgedrückt wie Pfannekuchen. Jeden Moment musste einer platzen oder abreißen.

Doris sprang auf, drückte mit beiden Händen mit all ihrer Kraft gegen die Tunnelwand um den Abstand zu vergrößern. Immer und immer wieder. Es gelang. Manfred drehte am Rad. In jeder Beziehung. Er fluchte und kurbelte und alles zur gleichen Zeit.

Die Kilometrierung an der rechten Tunnelwand zeigte 300 zurückgelegte Meter. Der Tauer legte das affenartige Tempo einer „escargot“ vor.

Auch der Schiffsmann der Nemesis versuchte sein Schiff so gut wie möglich vor Beschädigungen zu bewahren. Er steuerte, legte Ruder, stieß ab.

Luciano hinter Beluga gut abgedeckt, gab das Spiel schon ziemlich schnell auf. Er fuhr dicht auf Beluga auf, ließ das Tau durchhängen und steuerte selbst. Einen Moment nicht aufgepasst und er donnerte wieder mit Bug oder Heck gegen die Wand, riss dann sein Ruder herum und Beluga mit.

Das, dachte Doris, wäre doch eine hervorragende Körperertüchtigung für die Damen des Fitnessstudios. Hier könnten sie ihre überschüssige Energie loswerden. Das Ambiente wäre vielleicht nicht so edel, dafür die Hände aufgerissen und verschrammt.

Eigentlich würde nur noch fehlen, dass das Licht ausging, sich einige Mörderspinnen von der Decke abseilten, oder besser noch, aus den schwarzen Seitengängen einige Monster oder Untode mit schmierigen Händen nach ihnen greifen würden.

Diese zwei Stunden im Tunnel wären der Höhepunkt eines jeden Horror-Films.

Sie zählte die Meter mit. Endlich. „Nur noch 800 m, da vorne ist schon der Ausgang, das schaffen wir auch noch.“

Sie würden aufatmen.

Das Loch wurde groß, hell, grün. Der Tauer warf die Taue von Nemesis los. Beluga kam aus der Tunnelöffnung.

Regen prasselte nieder wie ein dichter grauer Vorhang.

Keine romantische Beschreibung verklärte dieses miese Geschütte, gegen das die Sintflut ein tropfender Wasserhahn war.

Trotzdem mussten die Taue eingeholt werden. Und zwar schnell, bevor sie sich um den Propeller wickeln konnten.

Sie war nass wie eine Katze, und bis das Bimini wieder gestellt war beide bis auf die Haut.

Wen die Götter strafen wollen, dem erfüllen sie seine Wünsche.

Ab sofort ging's nur noch abwärts mit ihnen.

 

 


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