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Kapitel 1
Heimat


Kapitel 2
Loreley

Kapitel 3
Die Mosel


Kapitel 4
Canal de la Marne au Rhin
Wer den Schaden hat spottet jeder Beschreibung

Im Tunnel von Mauvages
Es geht abwärts

Kapitel 5
Canal de la Marne á la Saône

Kapitel 6
Auf der Saone


Kapitel 7
In der Seille

Kapitel 8
Zurück auf der Saône

Kapitel 9
Der Doubs


Kapitel 4

Canal de la Marne au Rhin

Wer den Schaden hat spottet jeder Beschreibung

 

Es ging aufwärts mit ihnen.

Zwölf Schleusen aufwärts mit einer Treppe und der kleine ca. 800 m lange Tunnel von Foug. Das war der Tagesplan. Keinerlei Probleme für altgediente Schleusenhopper.

Doch kaum war das Pensum erledigt, das Boot angelegt, das Mittagessen gekocht und verputzt, wobei der Smutje ein neues Frikadellenrezept ausprobiert hatte, hießt es:

„Wir machen jetzt eine Radtour!“

„Jetzt? Direkt nach dem Essen? Was ist denn mit Mittagsschlaf?“

„Mittagsschlaf mach ich anschließend, dann bin ich auch müde genug“, war die lakonische Antwort des Kapitäns. „Und im übrigen müssen wir die paar Sonnenstrahlen ausnutzen, wer weiß wie's am Nachmittag wird.“

Er wusste genau, dass sie wenig mehr hasste als Fahrradfahren.

„Denk dran, eine Stunde Radfahren und du kannst noch ein paar Zusatzpunkte essen!“

Na ja, das war ein Argument, das nicht von der Hand zu weisen war. Die abgespeckten Kilos des Winters durch ein bisschen zusätzliche Bewegung zu halten, wäre ja nicht so übel. Also, Fahrrad!!
Auch Margreth wackelte mit dem Kopf wie Miss Marpel, die entnervt die These der Polizei in Zweifel zog, als Luciano ihre Fahrräder auspackte.

Der Mann macht den Kundschafter, die Frau die richtige Arbeit. Ergo schwang sich Manfred zum Chiefleader auf und machte den Vorreiter.

„Wir fahren schön am Kanal entlang, auf dem Leinpfad“, gab er als Marschrichtung vor. Nach 100 m wurde aus dem Sandweg ein Grasweg.

„Wie schön, dass hier manchmal ein Angler fährt. Da hat man doch ein paar Spurrillen zum fahren.“ Klang das sarkastisch?

„Meckere nicht rum, bleib hinter mir!“

Also blieb sie ihm auf den Fersen, als sei sie festgenäht und zwar mit festen Stichen.

Nach 100 m wurde aus dem Rasenweg eine wilde Wiese. Die Pflanzen standen hüfthoch, wickelten sich um Pedale und warfen sich wie angriffslustige Schlangen zwischen die Speichen. Ein Fortkommen war schier unmöglich.

Doris' Rad stoppte, kippte langsam zur Seite und sie in die Brennnesseln.

Da lag sie nun. Auf dem Rücken wie ein Mistkäfer. Mit einer Hand das Rad festhaltend, wie der genannte Käfer die Kugel, die Beine etwas nach oben, der Hintern ein Stück tiefer, rundherum Brennnesseln.

„Warum stehst du denn nicht auf?“, kreischte er von viel weiter vorne.

„Weil ich mit einer Hand das Fahrrad festhalten muss“, kreischte sie zurück.

Und sie blieb so lange sitzen bis Luciano aufgeschossen hatte und das Fahrrad hielt.

„Kannst du mir mal sagen, was du in den Brennnesseln gemacht hast?“, wollte er dann scheinheilig wissen, als sie sich endlich wieder berappelt hatte und auf ihren Füßen neben dem Fahrrad stand.

.“Ich wollte nur feststellen, ob Brennnesseln durch die Hosen brennen.“

„Und brennen sie?“

„Jaaaa!!!!!!!“

„Ich kenne keinen Menschen auf dieser Welt, der sich beim Fahrradfahren so dämlich anstellt, wie du!!!!“

Mancher Mann ist blutend von Dannen gezogen nach einem Scharmützel mit ihrer scharfen Zunge und er? er stapfte, sein Fahrrad schiebend, seelenruhig weiter vor ihr her durch den Dschungel des französischen Kanalufers.

„Luciano, “ rief sie nach hinten, „wir müssen jetzt langsamer gehen, da ist ein Schild „Sog und Wellenschlag vermeiden, 5 km.“

Und dann war schlagartig fertig. Das Ufer war gänzlich zugewachsen. Kein Vorwärtskommen mehr.

„Sieh nur zu, dass du uns hier auch wieder rausbringst, Freundchen, sonst ist Essig mit Kaffeetrinken am Nachmittag.“

Leider war das natürlich keine drastische Strafandrohung. Viel besser wäre gewesen, sie hätte einen ordentlichen Schinken oder Fleischkäse als Geisel nehmen können. Aber ob das so kurz nach Mittag seine Wirkung getan hätte, ist auch fraglich.

Er fand einen Weg aus dem Dickicht, wenn auch nicht ganz legal. Sie fuhren ins nächste Dorf. Dort drehten sie um. Auf dem Rückweg über eine befestigte Straße übernahmen Luciano und Margreth die Führung.

Der Kirchturm des kleinen Ortes kam schon in Sicht.

Beim Umrunden einer Straßenbarriere kippte Margreth samt Fahrrädchen völlig lautlos und in Zeitlupe in die Brennnesseln.

„Eben ist Margreth umgefallen, mach mal einen Tritt schneller und hilf ihr auf“, sagte Doris ganz ruhig.

Es war ein nettes Bild, Margreth wie ein genmutierter blau-getupfter Frosch im Brennnesselhügel, alle Viere von sich gestreckt, mit großen runden Augen ungläubig durch die Speichen des Rädchens spähend.

Auch ihre Jeans erwiesen sich völlig untauglich als Brandschutz.

Die Männer kämpften sich todesmutig in die Büsche um ihr mit vereinten Kräften aufzuhelfen.

Warum sie denn „gottvärdällie noch aa maal“ nicht gebremst hätte und abgestiegen sei, wollte Luciano aufgebracht wissen.

„I ha ja de Häbel zum Bräemse net gefunde, der war z' wit inne gsie.“

„Warum bischt net uf d Rücktritt?“

„Des hon i ganz vergässe.“

Es war nicht zu leugnen, die Damen setzten sich an diesem Tag in die Nesseln, tief, sehr tief, aber weich.

 

 


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