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Kapitel 1
Heimat


Kapitel 2
Loreley

Kapitel 3
Die Mosel


Kapitel 4
Canal de la Marne au Rhin

Kapitel 5
Canal de la Marne á la Saône

Kapitel 6
Auf der Saone


Kapitel 7
In der Seille

Hühner und sonstiges Getier

Louhans
Abschied von der Seille


Kapitel 8
Zurück auf der Saône

Kapitel 9
Der Doubs

Kapitel 7

Die Seille

In Louhans

Eine der größten Sehenswürdigkeiten der kleinen Stadt war die Grand Rue, die Hauptstraße. Unter 157 Arkaden wandelten sie wie im Mittelalter über uralte Steinplatten. Je nach Witterung boten sie Schutz vor Regen oder zu viel Sonne. Trotz der mittelalterlichen Atmosphäre war Louhans eine quicklebendige Stadt. Unter den Arkaden schlängelten sie sich hemmungslos durch Restaurants, Blumen- Schuh- und Kleiderläden, an Hähnchengrills und Eistheken vorbei. Und es roch unter jeder Arkade anders, würzig aus der Boulangerie, aasig aus der Boucherie, lecker aus der Chocolaterie, nach friture und petit noir, nach Zigaretten und Druckerschwärze, nach Parfüm und Waschpulver aus dem Waschsalon und dazwischen das herbe Odeur aus dem Käseladen. Allein der Gedanke daran trieb ihnen teichgroße Pfützen auf die Zunge. Diese Atmosphäre ist kaum zu beschreiben und nur der kann sie erfassen, der sie selber einmal erlebt hat. Es hat viel vom Flair eines türkischen Basars.

Es gelang ihnen, sich von der Grand Rue loszureißen und, nach Bewunderung der merkwürdigen Doppelkirche St. Peter mit dem tollen, glasierten Dach, stand das Hotel Dieu auf dem Erkundungsplan.

Das Gebäude war beindruckend. Die Krankensäle mit ihren Kastenbetten in der Herrenabteilung aus Holz, in der Damenabteilung aus Metall, das angeblich vor Wanzen schützen sollte. Die Apotheke, in der man noch die Düfte der Heilmittel wahrnehmen konnte, die einst hier aufbewahrt wurden. Apothekengefäße aus Steingut, Porzellan und Glas, in zauberhaften alten Schränken, teilweise noch gefüllt mit Pülverchen.

Doch das war alles nichts gegen die wahre Sensation des Krankenhauses, den Fremdenführer.

Er war die Inkarnation von D'Artagnan dem schönen Helden der Musketiere. Dass er weder Mantel noch Degen trug ließen seine Theatralik, das Eigenleben seiner Hände und Augen durchaus vergessen. Er zelebrierte seinen Vortrag mit der Dramatik eines Faustchen Mephisto. Obwohl sie nur wenig verstanden, vom dem was er zu sagen hatte, ihm zuzuhören und zuzuschauen war ein Erlebnis.

Sie hatten Glück und erwischten den 3. Montag im Juli. Der Markt zog sich durch die gesamte Altstadt.

Ein großer Platz war nur für den Tiermarkt reserviert. Doris war mächtig beeindruckt. Nie hätte sie gedacht, dass es so viele verschiedene Arten Federvieh gibt. Vom gerade ausgeschlüpften Küken über stattliche Hähne, Perlhühner, Truthähne, Gänse, Enten, Tauben in allen Farben, Ziervögel in großen Volieren und vom Zwergkaninchen-Baby bis zu ausgewachsenen fetten Rammlern, (pardon, der heißt so, Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig), Ziegen, Schafe, Meerschweinchen und ganz am anderen Ende noch ein paar Pferde. Gerochen hat das alles eklig.

„Hinkel stinke,“ sagte Luciano, „und wenn se g'backe si, dann schmögge se.“

Gottlob hatten sie in der Nacht ein Gewitter und die Temperatur war von 38 Grad auf 22 Grad gefallen, sonst könnten sie es hier schier nicht aushalten.

Doris hat in jeden Käfig geschaut. Wo waren sie nur, die Bresse-Hühner, die mit den roten Kämmen und den blauen Füßen. Sie waren unter ihren Artgenossen definitiv in der Minderzahl.

„Die können einem doch nur leid tun, die armen Viecher. Die sehen ja jetzt schon aus wie gerupft, mit ihren nackten Ärschen und Hälsen, eingepfercht in winzige Käfige. Da vergeht einem jede Lust auf ein Grillhähnchen.“ Manfred schüttelte sich bei diesem Anblick und allen anderen ging es nicht besser.

Der Appetit auf so ein Huhn war ihnen schlagartig vergangen.

Als sie sich dann aber knusprig braun im Grill drehten, sah die Welt schon wieder anders aus.

Doris, die am wildesten auf eine Portion Bresse-Huhn war, kaute gelangweilt auf einem Stückchen Brust:

„ Mal ganz ehrlich, Manfred, die schmecken doch nicht anders als eines vom Wiesenhof? Und schon gar nicht nach 13 Euro?“

Der einzige, der wirklich standhaft war, war Luciano. Er versuchte keinen Bissen und schüttelte sich nach Stunden immer noch über den Anblick der gequälten Kreaturen.

Der größte Teil des Marktes war Wochenmarkt, Obst-Gemüse-Käse-Wurst-Brot-Honig und dann natürlich Klamotten über Klamotten in allen Größen und Preislagen, Schuhe, Schmuck, Vorhänge, Uhren, Haushaltswaren, Blumen, Körbe, Baby-Kleidung zum Verlieben.

„Ich werde jetzt unseren Hausspruch ändern, “ sagte Doris, „ es wird nicht mehr heißen: Unser Schiff ist ein Loch im Wasser in das wir unser ganzes Geld werfen. Es heißt jetzt: Der Markt in Louhans.....“

Sie erstanden lauter tolle Dinge, bis beider Geldbeutel total leer war.

„Jetzt muss ich doch tatsächlich noch in den Supermarkt einkaufen, da nehmen sie meine Karte,“ grinste Doris und Manfred weigerte sich standhaft und genehmigte sich von den letzen 3 Euro ein Bier im Cafe.

 

 


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