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Kapitel 3

•   Die Mosel
•   Moselwein
•   Koblenz
•   Winningen
•   Viele Burgen
•   Die Mosel und ihre Anrainer
•   Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang
•   Trier
•   Luxemburg
•   Die Mosel in Frankreich

Moselwein

Eine interessante Beschreibung des Mosel-Tales hat uns Goethe geschenkt, als er auf dem Rückweg vom Feldzug in Frankreich mit einem Schiff von Tier nach Koblenz fuhr: „ Die Uferansichten waren höchst mannigfaltig, die vielen Ortschaften zu beiden Seiten gaben den muntersten Anblick. Der Weinbau, überall sorgfältig gepflegt, ließ auf ein heiteres Volk schließen, das keine Mühe scheut, den köstlichen Saft zu erzielen.“ Und natürlich wäre er nicht Goethe, würde ihm nicht auch ein Gedicht über Wein einfallen:

Trunken müssen wir alle sein,

Jugend ist Trunkenheit ohne Wein,

Trinkt sich das Alter wieder zur Jugend,

So ist es wundervolle Jugend.

Für Sorgen sorgt das liebe Leben,

Und Sorgenbrecher sind die Reben.

Der Rhein, die Vielvölkerstraße, aus wildzerklüfteten Felsen bricht er zutage, stürzt donnernd in die Tiefe, zwängt sich durch die engen Felsen des Rheinischen Schiefergebirges. Pulsierende Städte, grün wallende Fluten, kuschelige Weinorte und stolze Burgen, Rex Rhenus, der König der Flüsse.

Wie bescheiden dagegen die Mosel. Haben nicht auch hier Strom und Sturm des Völkergewoges Land und Leute geprägt? Ist sie nicht sogar burgenreicher als der Rhein? Wechseln nicht romantische Städtchen und mittelalterliche Dörfchen bergauf und bergab an den grünen Hängen entlang? Sie ist enger, vertrauter, heimeliger als der Rhein. Man könnte sich auch hier zu Hause fühlen. Der Flussspiegel reflektiert das Sonnenlicht und fungiert als Wärmespeicher. Doch ebenso nötig braucht der Wein viele Arten von Feuchtigkeit, Regen, Tau und Nebel, der im Winter den Frost abhält. Der Schieferboden liefert den Trauben Mineralstoffe und prägt ihr feines Aroma. Er speichert die Sonnenwärme tagsüber und gibt sie nachts an die Reben ab. Die Fußbodenheizung der Natur. Spitzengewächse wie der Moselwein entwickeln sich unter dem Schutz eines sanften Himmels. Wissenschaftlich ausgedrückt heißt das, das Moseltal hat ein ausgeglichenes gemäßigtes Klima. Die Himmelsrichtung, die Hangneigung, die Intensität der Sonnenreflexion durch den Flussspiegel, eine schützende Bergkuppe, all das macht einen guten Wein.

In unserer Überheblichkeit bilden wir uns ein der Erfinder von allem zu sein. Doch wer hätte gedacht, dass bereits die ersten Menschen auf unserem Planeten die Rebe vorgefunden haben? Allerdings handelte es sich um eine Wildrebe, die, durch Funde bewiesen, seit rund 130 Millionen Jahre existiert.

Wie die Rebe zu uns kam? Mir gefällt diese Geschichte besonders gut:

Als die Menschen aus dem Paradies vertrieben waren, lag der Garten Eden einsam unter dem Glanz der Sonne; denn auch die Tiere hatten ihn verlassen und sich weitum über die Erde zerstreut. Allein Gott der Herr lustwandelte an den Sonntagen unter den Bäumen und die Blumen blühten immer noch herrlich vor ihm auf.

Endlich aber wurde Gott der Einsamkeit müde und immer mehr sehnt er sich nach den Geschöpfen seiner Hände und seines Herzens. Er beschloss zu guter Letzt, sich mit den Vertriebenen wieder auszusöhnen. Als er nun seine Augen hob, sah er, wie sie sich um das tägliche Brot plagten. Sein Herz wurde von Mitleid gerührt. Er wollte nicht mit leeren Händen zu ihnen kommen und so zog er die Gewächse des verlassenen Paradieses mit den Wurzeln aus dem Erdreich und nahm sie mit auf seine Reise zu den Menschen.

Er kam von Süden her und zog immer weiter nach Norden und immer wieder versammelte er die Bewohner eines Landstriches um sich und verschenkte an sie, was sie sich erbaten. So hatte er schon die Palme und den Ölbaum und viele gute Sträucher und schöne Blumen abgegeben und kam nun aus dem Land der Mohren in das ebene Land am Rheinstrom. Es gefiel ihm aufs beste und er hielt an, um nach gewohnter Weise die Leute aus dieser weitläufigen Gegend zusammenzurufen. Von allen Seiten kamen die Scharen der Bewohner, vor allem aus der großen Ebene; aber auch von den Bergen stiegen sie herab und trafen Gott inmitten seiner grünen Vorräte.

Sogleich umdrängten ihn die stolzen Bauern aus der weiten Ebene. „Herr“, riefen sie; „wir haben lange und breite Äcker und unsere Erde ist schwarz und locker, aus feiner Krume gemacht. Schenke uns den goldenen Weizen und das nahrhafte Korn, den grünen Klee und die weißen und gelben Rüben. Wir haben Platz für alle fruchtbaren Bäume, dass sie uns süße Ernten tragen: Gib uns den Apfel und die Birne, die Walnuss und die Kirsche, den Pfirsich und die Pflaume. Gib uns den Kohl für unsere Gärten und die roten Beeren, um unsere Beete einzufassen. Gib uns dies alles und wir wollen deiner gedenken, o Herr!“

Gott lächelte und schenkte ihnen, was sie sich gewünscht hatten. Danach umringten ihn die Männer aus den Bergen. „Herr“, sagten sie, „du hast unsere Vettern reich beschenkt. Wir haben freilich keine großen Äcker; aber wir haben die kühn geschwungenen Gipfel und die saftigen Täler. Wir haben keine weiche Krume; aber wir haben das beste Gestein und darüber rauschen schäumend unsere Bäche. Gib uns die Tanne und die Kiefer, dass sie die Berge grün bedecken und für die Täler gib uns saftiges Gras und würzige Kräuter, damit unsere Herden Futter haben und wir wollen dir dankbar sein“.

Gott lächelte und gab auch ihnen was sie sich gewünscht hatten. Als nun die Männer aus dem Gebirge weggezogen waren, sah sich Gott zufrieden um. Nur eine grüne Schlingpflanze war übriggeblieben und lag als vergessenes Häuflein aus Blättern und Ranken zu seinen Füßen.

Als er sich bückte um sie aufzuheben, erblickte er einige Leute in der Ferne und erschrak insgeheim, denn er wusste nicht, was er ihnen noch geben sollte. Trotzdem rief er zu den Fremden hinüber: „Kommt her! Hier bin ich, euer Vater!“

Sie kamen langsam näher, aber sie hielten ihre Augen gesenkt und schwiegen, so dass Gott sie noch einmal anreden musste: „Warum seid ihr nicht früher gekommen? Nun habe ich alles verschenkt und nichts mehr ist übrig als die Rebe!“ Und er wies auf die Schlingpflanze zu seinen Füßen.

„Ach, Herr“, antworteten sie, „wir hatten nichts, was wir rühmen konnten. Unsere Heimat ist weder die Ebene noch das Gebirge, wir wohnen auf den Hügeln und Hängen zwischen den beiden. Aus Sand und Stein ist unser Boden, wie ihn das Wetter von den Bergen schwemmt. Gib uns was du noch hast und wir wollen es dir danken in Ewigkeit“.

Gott hob die Rebe vom Boden auf. „Nehmt sie“, sprach er, sie ist für euch allein. Nirgends sonst wird sie gedeihen, als auf dem Boden eurer Hügel und Hänge. Sie wird aus der Dürre des Steines und aus dem Feuer der Sonne die edelste Frucht hervorbringen, besser als alle Früchte, die ich heute verschenkt habe. Ich sage euch: Sie wird das Gold des Weizens und die Kraft des Korns haben, sie wird die Süße des Apfels und der Birne, den Wohlgeschmack des Pfirsichs und den Saft der Kirsche, den Duft der Blumen und die Würze der Kräuter übertreffen“.

Die Leute von den Hügeln und Hängen des Landes nahmen dankbar die Rebe und zogen heim.

Seit dieser Zeit bauen Winzer am Rande der Gebirge den Weinstock an, auf den Hügeln der Haardt, an den Hängen des Rhein- und Moseltales. Sie hegen und pflegen ihn mit Geduld und Liebe und alle Jahre im Herbst schneiden sie die köstlichen Trauben von den Rebstöcken und jedes Mal feiern sie diese Zeit als ein einziges Fest. Der Wein aber, der aus den Keltern fließt, ist das edelste Getränk und mit dem Brot die Opfergabe auf den Altären Gottes.

Nun ja, man muss ja nicht alles glauben, was ich so schreibe. Aber nett ist die Geschichte schon. Ich liebe Märchen.

Nachweißlich wurde Wein bereits vor 8000 Jahren hergestellt. Funde ließen nur eine Deutung zu, dass solche Mengen von Traubenkernen nur Pressrückstände sein konnten. Allerdings dürfte der Wein von damals nur wenig Ähnlichkeit mit dem heutigen Rebensaft gehabt haben. Es war wohl die mühselige Arbeit von unzähligen Winzergenerationen, die den Wein in das uns heute bekannte Getränk verwandelten.

Bei gut Speis und einem führtrefflichen Humpen Wein sorgen Troubadour und Burgherr, Knappen und Mägde, Trommler und Fanfarenspieler für allerlei Kurzweil und Schabernack. Honigwein aus dem Steinbecher, Roggenfladen aus dem Steinofen, Fleischpastete nach Art der Burgjäger, Longuicher Süppchen, Bachforelle, Spansau, Kräuterhexe, ofenfrischer Apfelkuchen, Käse vom Rad, ja so warns, die alten Rittersleit und alles schmeckt uns heute noch, gekrönt von einem “foi Stöffche“ , dem Moselriesling.

Im weiten deutschen Lande,

zieht mancher Strom dahin

Von allen die ich kannte,

liegt einer mir im Sinn:

O Moselland, o selig Land!

Ihr grünen Berge, o Fluss und Tal,

ich grüß euch von Herzen viel tausendmal!

 

 

 

 


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