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Kapitel 3

•   Die Mosel
•   Moselwein
•   Koblenz
•   Winningen
•   Viele Burgen
•   Die Mosel und ihre Anrainer
•   Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang
•   Trier
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•   Die Mosel in Frankreich

Die Mosel in Frankreich

 

Mit einem aufgeregten Piepsen, pip pip pip. schaltet unser Handy auf Itineris. Ein untrügliches Zeichen, wir sind in Frankreich. Auch das Radio weigert sich ab sofort auch nur noch ein deutsches Wort zu verkünden. Wir haben die Grenze überschritten.

Die Franzosen treiben ihren Chauvinismus bis zum i-Punkt.

Lothringen gehörte wie das Elsass viele Jahre zu Deutschland, man merkt nichts mehr davon. Sagen die Deutschen Lothringen, denken sie sofort an die leckere Quiche Lorraine. Die nationalstolzen Franzosen aber denken an Lorraine als das Herz des neuen Europas, das sich diesem entschlossen und voll Zuversicht öffnet, und an die Heimat Robert Schumans, der hier in der Nähe von Metz die Basis des vereinten Europas ersann. Lothringen ist die einzige französische Region mit drei Naturschutzgebieten, die Franzosen nennen es die grüne Lunge Frankreichs. Durch die bewegte und oft auch unglückliche Geschichte Lothringens, weist die Region heute einen besonderen Reichtum an geschichtsträchtigen Bauwerken auf. Die Architektur zeigt eine Vielzahl von Baustilen und Epochen. Lothringen ist immer noch ein wichtiges Industriegebiet: der drittgrößte Bierproduzent Frankreichs, Papierindustrie, die größte Salzfabrik Frankreichs, die Hälfte der französischen Faden- und Gewebeproduktion kommt von hier, ein bisschen Stahlindustrie in der Umgebung von Thionville, das Atomkraftwerk Cattenom, Kristallfabriken, Emaile- und Fayence-Produktion und nicht zu vergessen die Geigenbauer.

Jean-Pierre Coffe, Journalist und Schriftsteller singt ein Loblied auf eine besondere Spezialität von Lorraine: „Ich hab das wahre Glück gefunden. Es wiegt 14,3 g mit Kern und kommt aus Lothringen. Du wunderbare Mirabelle! Wir wissen so wenig über deine Ursprünge! Wir wissen nur, dass Lothringen die einzige Region der Welt ist, in der deine Bäume so dicht stehen. Mirabelle, du fühlst dich in Mürbeteig und Blätterteig gleichermaßen wohl. Deine Konfitüre ist einzig, unvergesslich. Aus einem Glas Mirabellenbranntwein, eisgekühlt oder einfach kalt serviert, steigt großzügig dein nuanciertes Fruchtaroma auf. Wie sollte man sich Begeisterung und Dankbarkeit verkneifen, wenn eine so kleine Frucht soviel Genuss bereiten kann.“

Es muss eine andere Art von Mirabelle sein, nicht die Sorte, deren Baum wir im Garten umgehauen haben, die hier wächst.

Die Lothringer liefern so bekannte Wasser wie Vittel und Contrex und wetteifern mit den Elsässern wer wohl die bessere Küche hat. Elsässer und Lothringer lieben sich genauso wenig wie Pfälzer und Saarländer, doch sie müssen sich nun mal die Vogesen teilen, also ist Toleranz gefragt. Lässig gestehen die Elsässer den Lothringern zu, dass sie ähnliche Gerichte haben, nur etwas langweiliger und weniger typisch, natürlich!

Das Moseltal hat sich mittlerweile stark verändert. Verschwunden sind die schroffen Schieferfelsen, verschwunden sind die Weinterrassen, die sich bis in die Berggipfel ziehen. Der Fluss windet sich nun durch eine sanfte wellige Hügellandschaft, die Ausläufer der Vogesen. Die Ufer sind baumbewachsen, wunderschön blühen die Wildkirschen und Zwetschgen, oder sind es Mirabellen? Ortschaften liegen weit auseinander und teilweise etwas abseits des Flusses. Es ist so kalt, dass die Ohrenklappen einer Pelzmütze mit den Zähnen klappern könnten. Aber meinen Kapitän kann nichts erschüttern. Schiffig wie er ist, steuert er seine Beluga auf dem Achterschiff, wechselt nur ab und an die Schuhe, damit ihm die Zehen nicht abfrieren. Ich dagegen genieße die mollige Wärme in unsrem Ruderhaus und lasse mich gerne als verfrorene Memme belächeln. Trotz der Kälte, der Himmel ist so blau, dass er jede Kitschpostkarte zieren könnte und die Sonne könnte strahlender nicht lachen. Der April kann machen was er will, an den Ufern der Mosel wachsen dicke Tuffs von gelben Schlüsselblumen, der Frühling ist nicht aufzuhalten.

 

Die Bäume blühen überall,
die Blumen blühen wieder,
und wieder singt die Nachtigall
nun ihre alten Lieder.
O glücklich, wer noch singt und lacht,
dass auch der Frühling sein gedacht.

Nicht von mir, von Hoffmann v. Fallersleben. Leider!

 

Links neben uns kommt eine beieindruckende Festung in Sicht, Sierck-le-Bains, ein Bauwerk aus dem Mittelalter, trutzig, mit dem Flair des Unbesiegbaren. Die Umgebung wird „lothringische Schweiz“ genannt, ein ideales Gebiet zum Wandern.

 

Thionville, die alte Moselstadt kann auf eine glorreiche und bewegte Geschichte zurückblicken.

Die Befestigungsanlagen von Vauban halfen leider nicht gegen die Zerstörungen von 1944.

Trotzdem sind noch einige alte Bauwerke erhalten geblieben.

Auf Thionville konzentrieren sich eine Anzahl von Hochöfen, Stahl- und Walzwerken, Zementwerke und Industriebetriebe. Trotz aller Unbilden konnten sie den einzigen Vaterlandsaltar (Autel de la Patrie), der aus der Revolutionszeit übriggeblieben ist, bewahren.

 

Metz gehört seit der frühen Antike zu den großen Städten im Osten Frankreichs und ist heute die Regierungshauptstadt Lothringens. Metz ist seit Jahrhunderten Garnisonstadt, in den Befestigungsanlage Vaubans hielten die deutschen Truppen 1944 zwei Monate lang ihre Stellung gegen General Eisenhower. Und Metz war schon immer eine eigenwillige Stadt. Im 13.Jh. z.B. wurde die lange Pont des Morts de Metz gebaut, die zwei Moselarme überspannt. Um sie bauen und unterhalten zu können, wurde ein Gesetz erlassen, dass jeder der im Bistum Metz stirbt seinen besten Anzug einem speziellen Fond überlassen muss, zu dessen Gunsten das Kleidungsstück dann verkauft wurde. Diese Abgabe wurde 500 Jahre lang erhoben. An allen Flüssen und Kanälen Frankreichs gab es sogenannte Waschboote, Lavoirs, schwimmende Waschsalons. In Metz aber gab es eine andere Besonderheit. Hier konnte jeder Einwohner ein heißes Bad bestellen. Ein Wagen wurde vor die Haustüre gezogen, darin zwei tragbare Bottiche, ein Fass voll Wasser, ein Ofen und ein Kessel zum Erhitzen des Wassers. Während gegen Zahlung von 1,20 France Diener die Ausrüstung ins Haus brachten, hatten die Nachbarn Muse über die Häufigkeit der Körperreinigung ihrer Mitbewohner zu klatschen.

Metz

Pont-á-Mousson ist weltweit bekannt, weil die meisten Kanaldeckel in dieser Stadt hergestellt werden.

Die Stahlwerke von Pompey lieferten die 7300 t Stahl, die für den Bau des Eiffelturms notwendig waren. Kurz vor Pompey erreicht man ein größeres Hafenbecken mit einer Schleuse, die nach Nancy und in den Canal de la Marne au Rhin führt. Wir haben diese wunderschöne Stadt schön öfter besucht und können eigentlich auch jedem empfehlen sich einen Abstecher in dieses Kleinod nicht entgehen zu lassen.

 

Pont-á-Mouson

In einem Reiseführer habe ich gelesen:

„In Toul bestätigt die Mosel ihren rheinischen Charakter. Man braucht sich nur über die Landkarte zu beugen und deren Lauf zu verfolgen, wie sie aus der Enge einer größeren Bestimmung zustrebt. Von Bussang kommend, durch verschiedene Zuflüsse verstärkt, lässt sie sich durch nichts in ihrem Lauf aufhalten. Die größten Hindernisse wirken ihr gegenüber wie harmlose Nadelstiche“.

Was kann ich dem noch hinzufügen?

 

Kurz hinter Toul, in Neuves-Maisons verlassen wir die Mosel.

 

hier geht's nach Toul

 

Gruß dir mein Strom, den die Auen rühmen, lobpreisen die Siedler,
dir, dem der Belger verdankt jene Mauern, der Kaiserstadt würdig.
Strom zwischen Reben an Hängen, wo duftende Weine gedeihen,
Strom zwischen grasige Ufer gebettet, tiefgrünster der Ströme:
Schiffbar gleich einem Meer, wie ein Fluss sich senkend vor talab
drängenden Wassern, mit Seen dich messend an gläserner Tiefe,
Quellbächen selber tust du es gleich in eilenden Strömen,
auch einen eiskalten Born übertrifft an Erquickung dein Wasser:
Alles besitz du allein, was die Quellen, Bäche und Ströme,
alles was Seen besitzen, das Meer auch mit wechselnder Strömung.
Friedliche Wasser nur führst du vorüber, erfährst nicht das Tosen
brausender Stürme, kennst nicht die Begegnung mit tückischen Riffen.

 

In so begeisterten Worten beschrieb der römische Dichter Decimus Magnus Ausonius im Jahre 371 die Mosel. Und das in 483 Hexametern. Er muss sie wirklich sehr gemocht haben.

 

Unser Schleusenabenteuer Canal de l'est branche sud beginnt.

 


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