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Kapitel 3

•   Die Mosel
•   Moselwein
•   Koblenz
•   Winningen
•   Viele Burgen
•   Die Mosel und ihre Anrainer
•   Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang
•   Trier
•   Luxemburg
•   Die Mosel in Frankreich

Viele Burgen

 

„Oberhalb Oberfell an der Mosel, wenn der Wandrer eine schroffe Felsenwand, welche sich ehedem bis in den Fluss erstreckte, überschritten hat, schaut ihm in beträchtlicher Höhe die alte Burg Thuron mit dem Flecken Alken entgegen“.

So beginnt die sehr lange Geschichte des gewippten Ritters namens Brenner, der dem fürchterlich Zorno die Stirn bot und von diesem auf einem Katapult „mit furchtbarer Kraft über den Abgrund hinüber nach dem Standquartier des Erzbischofs“ geschleudert wurde. Doch der gute Brenner hatte Glück, landete im Gebüsch des Abhangs und klammerte sich an den vielen Weidenbüschen fest. Zorno wurde besiegt und seiner Gerechtigkeit zugeführt.

Es gibt aber über diese Burg noch eine Geschichte, die mir auch sehr gut gefallen hat:

Moselabwärts vom anmutigen Brodenbach liegt rechter Hand das verträumte Alken mit dem zierlichen Stadtschloss der Wiltberge und der Märchenkirche auf dem Gipfel der hohen Treppe. Darüber aber wälzt sich klobig und wüst Burg Thurant über die Höhe. Früher schrieb man sie auch Turon, und sie soll von ihrem Erbauer zur Erinnerung an seine Kreuzfahrt und das phönizische Tyrus ihren Namen erhalten haben. Doch so heidnisch oder christlich seine Gedanken auch gewesen sein mögen, bald kam es wegen der Burg zwischen denen von der Pfalz und dem Trierer Erzbischof zu hellem Streit, dass der von Trier die Kölner zu Hilfe holen musste. Denn Graf Zorno von der Pfalz saß nun einmal warm und sicher in der Burg, und raus sollte er wieder, mochte es kosten, was es wolle! Aber die Mauern waren dick, wie man heute noch an den beiden Bergfrieden sieht, und die Kölschen fanden sie zu dick, um ihnen mit Spießen und Stangen beizukommen. Die Pfälzer höhnten. Doch die von Köln ließen sich dadurch nicht anfechten. Sie hatten besseres zu tun. Sie rollten was sie nur an guten Fudern Moselwein auftreiben konnten herbei und umgaben die Burg mit einem feuchten Belagerungskranz. Und dann fingen sie an! Und da der Sommer heiß und lang war, die Köllschen aber, wie jedermann weiß, ebenso durstig wie gewaltige Sänger sind, sangen und tranken sie Tag und Nacht denen in der Burg was vor.

Da höhnten die Pfälzer nicht mehr.

Sie hatten wohl noch Mundvorrat und Wasser genug, doch das war es eben: sie hatten Wasser!

Die Köllschen aber hatten Wein!!

Mittlerweile war freilich die nähere Umgebung von den kurkölnischen Knechten völlig trocken gelegt worden, doch an der Mosel wächst viel Wein, und jedes Jahr gibt es einen neuen Herbst.

Vieles vermag der Mensch; aber mit allem irdischen Wesen hat auch die Kraft seines Widerstands das eine gemein, dass sie einmal zu Ende geht. Wie Graf Zorno daher auch wetterte und fluchte: als der Herbst die Weinberge bunt färbte, konnten die Pfälzer das Gesinge nicht mehr hören und das Bechern nicht mehr mit ansehen. Sie übergaben also die Burg auf die Bedingung, sich an den kölnischen Fässern ordentlich satt trinken zu dürfen. Und das taten sie denn auch. Man spricht von drei Wochen, und dass leider beim Gelage noch ein Opfer gefallen wäre, ein Trossbub nämlich, der sich beim Heranschleifen der Weinkannen derart übernommen hätte, dass er drei Tage später starb. Doch das ist Schicksal, und Krieg ist Krieg. Die Pfälzer aber fanden, er wäre für eine gute Sache gestorben und begruben ihn ehrenvoll an der Stelle, wo heute das niedere Kreuz steht.

Na denn Prost! Übrigens sollen einem alten Stiftsdokument nach in dieser Zeit dreitausend Fuder Wein vertilgt worden sein, wobei man schätzt, dass die Zahl der Belagerer höchsten 1500 Mann betrug. Da wird dann wohl manche Leber gestreikt haben. Ein Fuder sind 1000 l. Amtlich ist, dass nach Ende der Belagerung die Burg geteilt wurde. Der Kölner und der Trierer errichteten je einen Bergfried und zogen eine Scheidemauer zwischen sich. Der Friedensvertrag von Thurant ist die älteste erhaltene Urkunde in deutscher Sprache.

Die Mosel ist noch reicher an Burgen als der Rhein. Durch Krieg, Zerstörung, Brand und Vernachlässigung sind leider die meisten der Burgen zu Ruinen geworden. Die Romantik der heutigen Burgen ist freilich weit von dem entfernt, wozu die Anlagen in früherer Zeit geschaffen wurden. Die Burg diente der Wehr und diesem Zweck musste sich alles andere unterordnen. Die Burgen waren meist mit einer Ringmauer umgeben, Zinnen oder Schießscharten schützten die Verteidiger. Sie wurden an strategisch wichtigen Stellen errichtet, oftmals auf einer Bergspitze, oder mit dem Berg im Rücken, eine Seite geschützt durch eine steilabfallende Felswand. Eine Zugbrücke sicherte den Eingang zum Tor im Torturm. Der Bergfried , das höchste und stärkste Bauwerk, war die letzte Zuflucht. Der meist hochgelegene Eingang war durch eine Leiter oder Holzbrücke zu betreten, die leicht zu entfernen waren. Das untere Geschoss konnte nur durch ein Loch in der Decke erreicht werden. Der Bergfried war zugleich Schwerpunkt, Wachturm und Statussymbol. Der Palas, der Hauptwohnbau war meist auch kein sehr angenehmer Aufenthalt. Die Fenster wurden oft nur mit Holzläden verschlossen. Doch Abtritte gab es schon. Kleine offene Häuschen an der Außenwand der Burg angebracht, das Geschäft plumpste umgebremst in den Garten. Doch womit haben sich die alten Rittersleut nur den Hintern abgeputzt? Wasser gab es aus Zisternen und aufwendig angelegten Brunnen, manche mehrere hundert Meter tief. Kräuter und Blumen kamen aus kleinen Gärten, in der Vorburg standen Neben- und Wirtschaftgebäude, hier hielt man auch Haustiere. Die Räume in den Burgen waren meist klein und zugig. Ohne dicke Bekleidung durch Felle ging gar nichts. Riesige Kamine qualmten mit Kienspan, Öllampe oder Fackel für die Beleuchtung um die Wette. Man darf eine alte Wehrburg keinesfalls mit den oft schlossähnlichen Anlagen oder Schlössern der Fürsten verwechseln.

Wir haben's da schon besser, in unserer Beluga qualmt höchstens mal die Petroleumlampe, wenn mein Kapitän vergisst den Doch runter zu drehen.

Wir schippern weiter, in Dieblich unter der Autobahnbrücke, 136 m hoch, durch, vorbei an Kattenes, das in einer Urkunde aus dem 11. Jh. des Trierer Erzbischofs Poppo, erwähnt wurde. Erzähle ich nur wegen des interessanten Namens, an Kobern-Gondorf vorbei, der Karlshöhe, einem senkrecht über die Mosel ragenden Fels, in Löf übernachten wir. Brodenbach hab ich schon erwähnt.

Moselkern, gegenüber dem Druidenstein.

Von Moselkern aus gelangt man zu Fuß in einer Stunde, ich wiederhole: eine Stunde Fußmarsch, zum Sinnbild aller Ritterromantik, der Burg Eltz. Sie ist eine Märchenburg, war schon immer als Wohnburg gebaut, ist ein Bergstädtchen mit einer Reihe von Burghäusern und hat selbst die deutsch-französischen Wirren heil überstanden. Sie ist eine Burg, mit spitzen Giebeln, malerischen Türmchen und Fachwerk und jedes der verschiedenen Häuser wurde von einer anderen Familie derer von Eltz bewohnt. Und weil sie genauso aussieht, wie Klein-Erna sich eine richtige Ritterburg vorstellt, zierte sie auch Jahrzehnte unseren vielbegehrten 500-DM-Schein. Die Burg befindet sich noch immer in Besitz der Grafen von Eltz. Doch die Familie wohnt seit dem 18.Jh. in Eltville im Rheingau.

Karli von Eltz ging mit mir in die Grundschule. Er war ein lustiger Bub mit Seppelhosen und einem leichten Österreicher Dialekt, nicht so ausgeprägt wie sein Vater. Nie wäre ich auf die Idee gekommen diese kinderreiche Familie mit dieser Burg Eltz in Verbindung zu bringen. Im Gegenteil, eigentlich hat mir die Gräfin wegen ihrer enormen Gebärfreudigkeit schon als Kind ein bisschen leid getan. Und den Flair von unermesslichem Reichtum hat die Familie auch nicht um sich verbreitet, zumindest in den 50ger Jahren nicht. Doch wenn man weiß, was es kostet nur ein kleines Einfamilienhäuschen einigermaßen in Schuss zu halten, möchte ich mir die Unterhaltskosten für diesen Monumentalbau überhaupt nicht ausmalen.

 

 


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