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Kapitel 5

•   Auf der Suche nach dem Heimweg
•   Gerüchteküche
•   Der Doubs
•   Possen in Rancheot
•   Le Vin
•   Besuch
•   Menschen und ihr Boot
•   Grand Canal d'Alsace
•   Plobsheim
•   Der Rhein
•   Speyer

Gerüchteküche

 

Die Gerüchteküche brodelt immer heftiger. Fritz und Doris sind im Doubs mit ihrem Segelboot und haben keine Probleme mit dem Tiefgang. Der Arzt, den Margreth wegen Fieber aufsuchen muss, weiß, dass der Doubs gesperrt ist. Auch Deutsche Segler, die wir in Verdun-sur-le-Doubs treffen, haben die Mitteilung, dass der Doubs gesperrt ist. Die Capitainerie in Seurre weiß, dass der Doubs noch nicht gesperrt ist, das aber auch nicht so genau, wir sollen an der ersten Schleuse fragen. Die Deutschen Segler haben aber von Freunden gehört, dass es an der Mosel keine Probleme gibt. Wem soll man nur glauben?

Wir sind ratlos.

Jeden Abend beratschlagen wir, fassen einen Plan und verwerfen ihn am nächsten Abend wieder. Sollten wir den Doubs wählen, der mit Sicherheit wegen der langen Trockenzeit an Wassermangel leidet, und bleibt es weiterhin so trocken, kann es uns passieren, dass wir irgendwo feststecken. Entscheiden wir uns für den Vogesenkanal kann uns das Gleiche blühen. Doch der Wasserstand im Kanal ist besser regulierbar, gesetz den Fall die Speicherseen führen noch genug Wasser. Allerdings füllt sich ein Fluss schneller, weil er viele Nebenflüsse hat, wenn es regnet. Der Untergrund im Kanal ist Matsch, im Doubs sind es Felsen. Welches ist die richtige Entscheidung? Für den Vogesenkanal und die Mosel spricht auch, dass wir in Luxemburg preiswert voll tanken können. Nehmen wir den Doubs können wir nur ein Minimum tanken um nicht noch mehr Tiefgang zu bekommen, müssen dann in Deutschland den viel teureren Sprit nachtanken.

Was für ein Dilemma.

Die andauernde Hitze macht uns schwer zu schaffen. Die Sonne brennt unbarmherzig auf den Stahlmantel des Bootes und heizt das Innere auf wie einen Backofen. Im Fluss findet man schon mal ein schattiges Plätzchen unter einem Baum am Ufer. Dösend und Tagträumend verbringen wir unsere Zeit im Liegestuhl und handeln uns selbst im Schatten einen Sonnenbrand ein.

Ich sehne mich nach einem Gewitter. Nach Donner, Blitz und Regen, der die Atmosphäre reinigt. Mit geschlossenen Augen lasse ich eine gigantische Kumuluswolke heranwachsen, gebe ihr die Form eines Atompilzes. Sie zerfließt wie flüssiges Zinn, zieht sich über den Himmel, verdichtet sich, erstickt die Sonne unter sich. Schwefelgelbe Fetzen mischen sich dazwischen, stoßen aneinander, entladen ihre Energie in einem feurigen Blitz der Himmel und Erde verbindet. Das Echo des Donners findet seinen Widerhall in der Vibration meines Magens. Die Natur entfesselt sich. Endlich klatschen dicke Tropfen herab, springen wie Pingpong-Bälle aus dem Fluss wieder hoch. Die Natur braust und tobt und gewaltige Wassermassen prasseln zur Erde wie eine russische Symphonie.

Rachmaninow?

Ach, Manfred hat den CD-Player angestellt. Nix mit entfesselter Natur. Nix mit Regen.

Warum nur will es dieses Jahr überhaupt nicht regnen? Und siedendheiß fällt es mir ein. Die Regentrude, sie schläft. Das Land verdorrt in der Hitze, die Blumen verwelken, Mensch und Tier verdursten, es kommt kein Regen, weil die Regentrude schläft. Nur eine Jungfrau kann sie wecken. Sie muss nur den Weg finden und den Spruch kennen. Eine Jungfrau bin ich (wenn man nicht alles ganz wörtlich nimmt), den Spruch kenn ich:

Dunst ist die Welle,

Staub ist die Quelle,

Stumm sind die Wälder,

Feuermann tanzt über die Felder!

 

Doch wie soll ich den Weg finden, wenn wir nicht mal den richtigen Heimweg finden?

Am Sonntagabend fällt die Entscheidung: wir nehmen den Doubs!

 

 


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