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Kapitel 5

•   Auf der Suche nach dem Heimweg
•   Gerüchteküche
•   Der Doubs
•   Possen in Rancheot
•   Le Vin
•   Besuch
•   Menschen und ihr Boot
•   Grand Canal d'Alsace
•   Plobsheim
•   Der Rhein
•   Speyer

Auf der Suche nach dem Heimweg

 

 

Ein Schwimmpoller hilft uns sicher und bequem 15 m in die Tiefe. Das Guillotinentor öffnet sich, lässt eine Ladung Wassertropfen auf uns niederprasseln und schon schwimmen wir in der Saône.

So sehr ich die Fahrt auf den Kanälen liebe, ein Fluss ist ein Fluss, selbst wenn es nur ein Flüsschen wie dieses ist. Das Wasser ist wunderbar, das Tal groß und weit, eine leichte Brise Fahrtwind erfrischt das erhitzte Gesicht. Nach wenigen Kilometern schon lässt Manfred den Anker rauschen und wir finden endlich die ersehnte Abkühlung. Keiner von uns möchte aus dem Wasser steigen, bevor wir ganz verschrumpelt sind.

Friedlich ankern wir außerhalb des Fahrwassers, gehen immer wieder baden und beobachten dazwischen den regen Verkehr auf dem Fluss. Die Bumsbootfahrer können sich endlich mal austoben und Vollgas das Wasser pflügen. Doch die flachen, schwachmotorisierten Boote können, im Gegensatz zu den schmalen Kanälen, hier keinen Schaden anrichten, ja sie schaukeln uns nicht mal. Vollabgeladene Penischen, Hotelpenischen und große Hausboote eilen geschäftig vorbei, auch ihre Wellen sind flach und laufen sich aus.

Anders die starkmotorisierten Motoryachten, ewig profilierungssüchtig drücken sie den Gashebel voll durch. Soviel Kraft, dass sie ihren Kahn ins gleiten bringen, haben sie nicht, also fahren sie als schnelle Verdränger und ziehen eine riesige Heckwelle hinter sich her.

Die steilen, kurzen Wellen bringen Lucianos Boot wie einen Gummiball zum Tanzen und auch unsere schwere Beluga wirft sich unwillig von einer auf die andere Seite.

Impotenzgehabe verdrängt jeden Sportsgeist.

Eine circa 20 m lange dunkelblaue Motoryacht kündigt sich schon von weitem mit lautem Motorgeräusch an. Die Nase in die Luft gereckt, wirft sie rechts und links eine mindestens 5 m breite Wasserfontäne von sich. Die geschlossenen schwarz-getönten Fenster lassen nicht ein kleines Lüftchen Aircondition entfleuchen und geben dem Boot das Aussehen eines uneinnehmbaren Panzers. Seine meterhohe Heckwelle erreicht als erstes eine Kuh, die am Ufer stoisch ins Wasser glotzt. Entsetzt lässt sie einen Brüller los, als die Welle sie trifft und hüpft mit allen Vieren gleichzeitig in die Luft wie ein Känguru. Die gibt heute ganz sicher keinen Liter Milch. Pferde, die bis zu den Knien im Wasser stehen werfen den Kopf, schütteln die Mähne und versuchen unter panischem Gewieher festen Grund zu erreichen. Ein winziges Sportboot mit Sonnenanbetern ist am Ufer vertäut. Völlig ahnungslos werden sie von der Springflut überrascht. Das Boot beginnt sich wild von einer auf die andere Seite zu werfen. Einer der Passagiere geht über Bord. Der Sonnenschirm hängt wie Pik Sieben. Eine der Überraschten schreit lautstark um Hilfe. Es fehlt nicht viel und das kleine Boot würde kentern. Dann erreichen die Wellen auch uns.

Margreth, eine perfekte Mixtur aus Miss Marple, Margret Rutherford und Katrin Ruegg, eine sanfte, ruhige Person und als Hebamme an Überraschungen aller Art gewöhnt, flucht wie ein Henker, als ihr Boot zu tanzen anfängt und alle Gläser im Schrank umfallen. Die Katze Moni saust mit senkrecht gestelltem Schwanz hysterisch maunzend unter die Koje. Am Wasserrand verankerte Fischernachen donnern aufs Ufer oder füllen sich mit Wasser. Wenn einer Geld genug hat, darf er so dumm und rücksichtslos sein wie er will.

Haben sich die Wassermoleküle einigermaßen wieder beruhigt, kommt bestimmt der nächste Rowdy. Manchmal glaube ich, dass wir die einzigen sind, die auf alles und jeden Rücksicht nehmen. Manfred schlägt einen Haken um jeden Angler und nimmt das Gas weg für jeden schwimmenden Hundehaufen.

Wir sind Gast in einem fremden Land und wir sind froh, dass die Franzosen so gastfreundliche sind. Ist es da nicht mehr als Recht, dass man Rücksicht auf seine Umwelt und Umgebung nimmt? Nicht unnötig die Uferböschungen beschädigt und die Ressourcen schont, z. B. nicht stundenlang mit Trinkwasser sein Boot abspritzt, auch wenn es sehr verlockend ist. Vielleicht unterscheiden sich Touristen und Reisende einfach nur in der gebotenen Höflichkeit gegenüber dem Gastland. Wir jedenfalls versuchen uns wie Reisende zu benehmen. Es würde uns auch keine Freude machen, würde unser Weg von Flüchen und Fäusteschütteln begleitet. Allerdings muss ich den vielen Rücksichtslosen auch wieder zu Gute halten, dass sie nur das tun, was ihnen die Franzosen vormachen. Für Franzosen gelten Gesetze auf dem Wasser genauso wenig wie im Straßenverkehr. Geschwindigkeitsbegrenzung oder Schilder „ Sog und Wellenschlag vermeiden“ werden völlig ignoriert. Frankreich war nie eine richtige Seefahrernation wie England und Holland, vielleicht wäre hier mit gutem Beispiel voranzugehen ein richtiger Weg? Statt umgekehrt!

Es kann nicht mehr lange dauern, bis die Saône zugewachsen ist.

 

Nur die Fischer, die kann nichts beirren.

 

 


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