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Leinen los und los!

 

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Von Groningen ins Lauwersmeer

 

 

Die Holländer sagen Meer, wenn sie See meinen und See, wenn es ums Meer geht.

Und wir Deutschen sagen Mittelmeer und wenn wir drauf schippern sind wir auf See. Allerdings sind wir auf der Nordsee auf dem Meer.

Wir sind auf jeden Fall unterwegs ins Lauwersmeer, einem von der Nordsee abgedeichten Binnensee.

Wir fahren auf dem Reitdiep, einem ursprünglich zur Nordsee offenen Meeresarm.

Es führt in wilden Mäandern wie ein Wiesenbach durch sehr, sehr flaches Land.

Eigentlich hatte ich erwartet um uns einen Patchworkteppich aus bunten Feldern zu sehen, doch dem ist nicht so. Das ganze Land ist grün. Sehr grün.

Weideland! Manchmal glotz eine Kuh ein wenig ungehalten über den Damm, doch meist grasen da Schafe.

Die dicken Masten einiger alter Frachtensegler lassen stolz ihre Fähnchen in dem starken Wind flattern.

Weiße Segel killen über dem Schilf und von Motorbooten sieht man nur die Dächer knapp über dem Schilfgürtel.

Die erste Windmühle, schön restauriert, knipse ich von allen Seiten. Weiß man, ob mir noch mal eine so passend vor die Linse kommt?

So richtig groß sind die Entfernungen in Holland nie. Selbst bei Schritttempo sind wir bereits mittags im See. Im Meer. Na gut, das Meer, also die Waddenzee, das Wattenmeer, ist wirklich nah. Nur mit einem Deich und einen Sperrwerk von diesem Binnengewässer getrennt. Binnen und butten sind sich hier ziemlich auf die Pelle gerückt.

Da die Ränder des Sees sehr flach und Schilf bewachsen sind, hat der Verband der Marrekrite viele kleine Anleger in den See gebaut. Eigentlich sind es kleine Steiger an Dalben, manchmal sind es nur Dalben mit ein paar Brettern davor. Hier kann man nach Herzenslust anlegen. Und es kostet nix. Das lässt sich doch hören.

Der Name Marrekrite kommt aus dem friesischen, natürlich! Wir sind hier in Friesland, ob es Provinz Groningen heißt oder nicht.

Also „mare“ = Meer und „krite“ = Gebiet. Also Seengebiet.

Allerdings gibt es die Marrekrite-Anleger auch in den Kanälen, aber dann natürlich am Ufer.

Manfred ist von den Anlegern im See besonders angetan. Vor Anker könnte er nämlich bei dem starken Wind nicht fernsehen.

Fernsehen gehört, seid wir nicht mehr arbeiten zu seinem Leben, genau wie Bootsreisen und ich.

30 Jahre lang haben wir einen Fernseher spazieren gefahren, doch kein Mensch hat am Wochenende in die Glotze geguckt. Manchmal im Winter, wenn die Tage sehr kurz und die Abende sehr, sehr lang waren. Doch meist waren sie ausgefüllt mit gemütlichem Gequatsche mit Freunden.

So richtig gefehlt hat uns der Fernseher erst, als wir das erste Mal einige Monate in Frankreich waren. Wir waren völlig uninformiert über das Geschehen der Welt. Sie hätte unter gehen können und wir wären dumm in einer Schleuse gestorben.

Also gab es einen Fernseher und dazu eine ganz tolle Sat-Antenne. Diese Konstellation hat ein ordentliches Loch in die Bordkasse gerissen. Doch gut, es sollte ja eine Anschaffung fürs restliche Bootfahrer Leben sein.

Der Fernseher hielt nur ein Jahr. Gerade, als in Amerika die Flugzeuge in die Twin-Tower rammten, zeigte er nur noch Grünspan.

Na schön, das kann ja mal passieren.

Mit den Jahren gab auch der Receiver der Antenne ein bisschen nach. Kabel tauschen und oxidierte Stecker einsprühen brachte auf Dauer nicht den erhofften Erfolg. Alle 10 Minuten verschwand das Bild. Ich war mir da nie so sicher, ob vom Rumzappen oder von der Bewegung des Bootes oder ob tatsächlich der Receiver Aussetzer hatte.

Wenn umschalten und Antenne richten nix brachte, half nur ein barmherziger Hieb auf das nervige Ding.

Da ich eh nicht fernsehe, habe ich dieses Problem mit gerümpfter Nase ignoriert. Der Receiver hatte mal 600 DM gekostet, da sollte er ruhig noch eine Weile drauf rum klopfen.

Ignorieren ist zwar eine hervorragende Strategie, aber nach vierzig Ehejahren nicht mehr ständig von Erfolg gekrönt.

Manfreds Anruf zum Hersteller ergab, dass der Receiver heute nur noch 35 Euro kostet.

Und weil er sich gerne ärgert, war dieser Tag gerettet. Wegen der paar lumpigen Euro plagte er sich schon die zweite Saison herum, und übrigens ist der Betrag eine Frechheit, wenn das Ding früher so unverschämt teuer war.

Um dieses angenehme Gefühl noch ein bisschen auszukosten, hockt er zwischenzeitlich immer wieder mal vorm Fernseher – zu dem einzigen Zweck, das lausige Programm in Grund und Boden zu kritisieren.

Die Holländer brauchen für Boote bis 15 m keinen Führerschein. Nun muss, keinen Bootsführerschein zu haben, nicht unbedingt auch heißen, dass man nicht Boot fahren kann. Schließlich waren die Holländer ja eine Nation der Seefahrer. Da muss doch noch irgendwo ein kleines Gen versteckt sein?

Nun ist es nicht so, dass man holländische Boote bereits von weitem an ihrem gelben Nummerschild erkennt. Deshalb ist es durchaus möglich, dass es sich bei einigen Wassersportlern, denen Manfred skeptisch zuschaut, als sie an den falschen Seiten der Tonnen vorbeischippern, durchaus um Ausländer handelt. Besonders bei denen, die anschließend hoch und trocken irgendwo auf dem Schitt sitzen und stundenlang zappelnd und wackelnd versuchen ihren Kahn wieder flott zu machen.

Und weil einige dieser Skipper sehr, sehr nah an unserem Steiger und damit sehr dicht an Beluga vorbeifahren, macht Manfred in der Nacht das Ankerlicht an.

Wir haben keine Probleme mit Stechmücken, denn unser Schlafraum ist rundherum hermetisch durch Mückennetze geschützt. Was sich morgens an Deck niedergelassen hat, sind auch keine Stecher. Ich würde sie Stundenfliegen nennen, denn sie leben ja nicht mal einen ganzen Tag. Beluga sieht aus, als hätte sie einen Ausschlag.

„Tausende von Fliegen! Ach was! Millionen!“

Nach dem Frühstück wurden bereits Milliarden daraus.

Man kann meinem Skipper viel nachsagen, aber nicht, dass er an Untertreibung leidet.

Es sind viele!! Und sie sind überall. Auf den Decks, auf der Reling, auf dem Rumpf, auf den Fendern.

Während Manfred sich durch das Gewirr der diversen Tonnen über den See tastet, verscheuche ich die Invasoren mit Feudel und Wasserschlauch.

Im See hat es viele kleine und größere Inseln. Um und hinter jede Insel führt ein betonntes Fahrwasser. Wo diese Nebenfahrwasser die Hauptfahrwasser, auch davon gibt es einige, queren, hat man einen Wald von Stangen vor sich, wie beim Mikado spielen. Und genau so bunt sind auch die Stangen.

Stumpftonnen, Spierentonnen, Schwimmstangen und Stangen stehen für mich wild durcheinander, dazwischen noch ein paar Pricken, von denen man nie so recht wissen kann, ob es nur ein abgebrochener Ast ist, der aus dem Wasser ragt, oder ob der Zweig vielleicht ein Fischernetz bezeichnet oder ob es doch eine Fahrwassermarkierung ist. Rote und Grüne sind auf der gleichen Seite und einige sind auch noch weiß geringelt.

Ich verstecke mich geschäftig hinter meiner Kamera, wozu hab ich denn einen schlauen Skipper an Bord.

Wenn wir irgendwo auffahren, kann er mit Recht denken, dass man mich nicht so richtig zur Navigation gebrauchen kann.

Natürlich sind wir nirgends aufgefahren. Wir drehen eine Runde durch den Jachthafen von Lauwersoog, der genauso voll ist mit Seglern wie die Häfen am Mittelmeer. Dann lassen wir noch ein paar abfällige Bemerkungen über einen schrottreifen Fischtrawler los und die 3 Häuser und 4 Spitzbuben des kleinen Nestes, allerdings haben wir sie nicht gezählt.

 

 

Auf geht's Richtung Friesland.

                    

 

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