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Die Frau an Bord

 

Die Frau an Bord hat mit der Bordfrau etwas so viel Ähnlichkeit wie der Klabautermann mit einer Meerjungfrau.

Ich habe es mir allerdings nicht zur Aufgabe gemacht festzustellen wer mit wem die meiste Ähnlichkeit hat.
Die Frau an Bord ist meist jung, hübsch und durchgestylt.
Sie räkelt barbusig in der Sonne und überlässt es dem Skipper für eisgekühlte Drinks und winzige (wegen der guten Figur) Snacks zu sorgen.
Und eben diese (Sorgen) teilt sie nicht, denn sie ist der Gast.
Umhegt, gepflegt und bewundert.
Ihr wird freundlich lächelnd nachgesehen, wenn sie etwas in die Toilette wirft, das nicht vorher die Verdauung passiert hat.
Wenn sie vergisst, den Gashahn zu schließen oder das Licht zu löschen.
Wenn ihr Kosmetikköfferchen mehr Platz beansprucht als eine dritte Person und morgens das seidene rote Schlüpferchen zum trocknen am Badezimmerspiegel hängt.
Sie wird zum Mittagstisch ins Restaurant gebeten und die Gangway zum bequemen Landgang angebracht.
Sollte der Gaswarner plötzlich losheulen, weil er eine Portion Haarspray abbekam, wird sie lächelnd gebeten, doch das kleine Fensterchen im Bad zu öffnen, weil ja weiter nichts Ernstes passiert ist.
Sie darf sich die Fingernägel an Bord lackieren und wenn beim dekorativen Bürsten der Haare ein paar seidige Strähnchen durchs Ruderhaus schweben, empfindet das der Skipper als ausgesprochen sexy.
Nie würde man ihr zumuten einen Feudel auszupacken und aus ihren wundervoll zarten Händchen etwas rissige Spülhände zu machen.

Der Skipper schmückt sich mit dieser Frau wie eine Windjammer mit ihrer Galionsfigur.

Bei der Bordfrau ist das etwas anders.
Sie ist die Mannschaft an Bord. Sie wird gebraucht, denn sie ist die Arbeitskraft.
Während der Herr Kapitän die verantwortungsbewusste Aufgabe des Bootfahrens übernimmt, sorgt die Bordfrau für die Bequemlichkeit desselben.
Sie putzt und wäscht, sie kocht und führt die Bücher, sie ist der Blindenhund, die Fendermaus, die Krankenschwester, der Seelentröster und sie gibt ihrem Kapitän das Gefühl einfach der wunderbarste, der vollkommenste Schiffsführer unter der Sonne zu sein.

Zur Bordfrau kann man nicht werden. Als Bordfrau wird man geboren.

Natürlich kann jede Frau lernen, wie man einen Palstek macht.
Aber sich zu erinnern wie man einen Palstek macht, wenn es Bindfäden regnet, das Tau blitzschnell verlängert werden muss, damit der Kahn im Sturm nicht noch weiter abtreibt, während man mit dem Knie das Ruder hält und die Kommandos vom Skipper ausführt, der gerade mit dem verklemmten Anker beschäftigt ist, das kann nur eine Bordfrau.

Eine Bordfrau kann kochen, wenn das Schiff durch die Wellen bockt wie ein schlecht eingerittener Mustang, nur weil sie weiß, dass der Herr Kapitän Hunger hat.
Und sie kann den Mund halten, wenn das innere Barometer des Kapitäns auf Sturm steht.
Sie würde nie eines seiner verpatzten Manöver während des Anlegens kritisieren.
Sie würde niemals zurückbrüllen wie ein weidwunder Stier, nur weil er zu schnell in eine Schleuse fuhr und sich ein Fender gefetzt hat.

Kein Wort der Klage kam jemals über die Lippen einer Bordfrau, wenn sie mit eiskalten Händen an der Fockschot zerren oder ein Tau drei Meter hoch auf die Schleusenmauer schleudern muss.
Niemals würde sich eine Bordfrau beschweren, wenn sie nach einem Tag Schwerwettersegeln oder 30 Schleusen im Kanal abends noch ein Menü serviert.
Für eine Bordfrau ist es überhaupt kein Problem den Einkauf einer Woche vom 5 km entfernten Supermarkt auf dem Rücken aufs Boot zu schleppen.
Eine Bordfrau schleift und lackiert. Sie rubbelt den Teer von den Fendern. Sie verarztet blaue Daumen und anerkennt die Notwendigkeit von § 1.

Die Bordfrau sorgt dafür, dass ihr Kapitän sie dahin bringt, wohin sie ihn haben will.

Letztendlich ist es die Bordfrau, die aus einem gewöhnlichen Mann einen Kapitän macht, schließlich ist sie der Admiral.

Kolumne Doris Sutter

Illustration Rolfdieter Schiedrum , Bad Kreuznach

erschienen März 2006 Boots-Magazin "Wasserwege"






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