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Als Skipper hat man's auch nicht leicht!

 

Für alte Schleusenhopper wie uns, kann eine Schleusentreppe zwar anstrengend sein, aber im Grunde ist sie weder besonders aufregend noch übermäßig unterhaltsam.

Eine willkommene Abwechslung kann es sein, zusammen mit einem anderen Boot die Scheitelhaltung eines Kanals zu erklimmen.

Vor den Gewölben von La Collancelle im Canal du Nivernais laufen wir einem Motorboot ähnlich dem unseren auf und stellen verwundert fest, dass der Skipper alleine an Bord ist.
Seine Bordfrau begleitet das Boot am Ufer mit dem Fahrrädchen. Mächtig beeindruckt beäuge ich ihre schiffige Aufmachung. So stellt man sich eine perfekt gestylte Bootsfrau vor. Von der weißen Mütze, über den blütenweißen Dress, das blaue Nikituch bis zu den Handschuhen, alles edel und vollkommen .
Sie ist eine sehr agile Person und hat alles voll im Griff, das Boot und Hansi, ihren Skipper. „Hansi, hol hinten dichter! Nein, mach keinen Unsinn, gib mehr Tau! Wieso lässt du vorne nicht etwas nach. Ja kannst du nicht aufpassen, das Boot schlägt ja gegen die Mauer.“
Tief holt sie Luft und sofort geht es weiter: „So unmöglich waren wir ja noch nie befestigt. Hansi, ich muss mich jetzt mal mit dir unterhalten. Hansi hole die Kamera. Hansi schließe die Tür. Nein nicht diese Tür, die andere. Hansi...“
Eigentlich wünsche ich meinem Ehemann immer nur das Beste, aber einen Urlaub mit so einem Drachen, das wäre eine gute Erfahrung. Alleine ihre Stimmlage würde ihn wahnsinnig machen. Sie ist einer der Menschen, die aussehen als würden sie Hufnägel und Tabasco zum Frühstück verzehren und eigentlich gehört sie entgrätet wie ein Karpfen blau.
„Hansi nimm das hintere Tau. Hansi binde vorne an. Hansi nimm das vordere Tau nach hinten.“ Eine aufmuckende Bemerkung des armen Hans und schon fliegt ihm das Tau um die Ohren.
Belustigt denke ich an unsere Freunde, die stets behaupten, ich wäre eine Reinkarnation von Xanthippe.
Nach der Mittagspause beginnen wir den Abstieg von der Scheitelhaltung und sofort geht es wieder los: „Hansi, binde den Fender tiefer. Hansi, hole diesen Fender höher. Hansi nimm diesen Fender nach vorne.“
Oh mein Gott!! Wenn wenigstens ihr Können so groß wie ihre Klappe wäre. Den Poller an backbord verfehlt sie mit dem Festmacher, das Boot driftet nach steuerbord, aber auch da wirft sie das Tau daneben. Hans steigt aus und legt das Tau eigenhändig um den Poller. In der nächsten Schleuse darf Hans das „Anbinden“ seines Schiffes gleich selbst übernehmen. Doch auch das geht nicht ohne die schrillen Anweisungen von Frau Admiral.
Plötzlich entsteht Unruhe bei ihnen. Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass sie nach unten flitzt, mit einem Taschenmesser wieder raufkommt und es völlig wortlos ihrem Hans in die Hand drückt. Panisch säbelt er an dem verklemmten Tau herum und in seinen Augen glitzert nur noch Weiß, als das Boot immer schräger an der Schleusenmauer hängt.
Ich schäme mich.
Ich schäme mich wirklich, dass ich dem kleinen grünäugigen Monster erlaube aus dem hintersten Winkel meiner Seele zu kriechen. Immerhin beweise ich so viel Anstand mein Grinsen als Hustenanfall zu tarnen.
Irgendwann reißt das angesäbelte Tau, das Boot donnert aus luftiger Höhe in das Wasser der Schleuse und sorgt für reichlich Wellengang. Eigentlich müsste ich ihnen dankbar sein, denn sie sorgten für unsere Unterhaltung. Es war spannender als jeder Krimi.  

Kolumne aus der WasserSport Ausgabe 01/2008

    

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