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Auswintern

Es tut ihm weh, dem Skipper, wie es so daliegt sein Boot, verpackt wie ein Apfel im Schlafrock, vor sich hindümpelnd am Steg.

Der November flog ja nur so dahin, doch Weihnachten kam urplötzlich und keilte sich aufdringlich vor das neue Jahr und die sehnlichst erwartete neue Saison.

Januar und Februar gebärdeten sich unmöglich, vereisten sogar mit konstanter Bosheit den Steiger um dem Skipper auch seinen wöchentlichen Kontrollgang an Bord zu vergällen.

Doch endlich, der erste Krokus kündigt den Frühling an.

Der März ist gekommen und nicht nur die Bäume schlagen aus.

Der Skipper schlägt die Plane zurück.

In nicht zu bremsender Arbeitswut erhebt er sich wie Phönix aus der Asche.

Er wickelt aus, inspiziert die Schäden des Winters, schüttelt hier besorgt den Kopf, um dort zufrieden zu nicken.

Er vergisst völlig, dass ja für niedere Arbeiten eigentlich der Matrose zuständig ist, schlüpft selbst in Gummistiefel und Blaumann und verscheucht auch den letzten Rest Winterdreck.

Die Batterien werden geladen. Alle Wasserschläuche und Seeventile kontrolliert. Türen und Fenster aufgerissen und eine laue Brise vertreibt die Agonie des Winters und seinen Geruch.

Es wird hinausgezögert, dieses sinnliche Gefühl von Freiheit, von unbeschreiblicher Genugtuung, von Macht und Stolz und Herrlichkeit, wenn das Boot erwacht, wenn die Motoren leise summend, berauschend brummend ihre Arbeit beginnen.

Auf diesen Moment hat er gewartet, den ganzen, endlosen Winter lang.

Endlich, endlich, ist er da. Beide Daumen pressen den Anlasserknopf, das Auge des Skippers glänzt in Erwartung des Motorsounds.

Und nix passiert.

Der rechte Anlasser macht klack, der linke Anlasser macht klack.

Und während der Skipper noch ungehallten an den Gashebeln reißt um festzustellen, ob vielleicht ein Gang drin war, während er die Anlasser durch ständiges Drücken malträtiert, ruft es bestimmt aus dem Achterschiff: „Was issen, geht's nicht?“

Und während die Bordfrau kommentarlos und stillschweigend die Kojen frisch bezieht und die Schränke wieder füllt, klettert der Skipper mit umwölkter Stirn in den Maschinenraum, klopft mehr zornig als hoffnungsvoll auf seinen Anlassern rum, misst Ladespannung und Wasserstand seiner Batterien, um nach Stunden festzustellen, dass die Kabel von den Anlasserknöpfen oxidiert waren.

Und wenn dann das Schiff endlich doch noch zum Leben erwacht, ihm die Bordfrau den ersten Kaffee der Saison im Salon serviert, dann ist auswintern Vergangenheit, denn auch das Bootsfahrer-Leben kann man nur vorwärts leben.