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Leinen los und los!

                      

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........  den Vogesenkanal

   

Er hat etwas Verwunschenes. Tausende von Bäumen müssen bei seinen Bau gepflanzt worden sein. Heute sind sie viele Jahrzehnte, vielleicht schon mehr als hundert Jahre alte Baumriesen. Sie begrenzen den Kanal, beschatten ihn, aber sie engen ihn auch ein mit ihrem üppigen Wuchs. Manchmal hängen Zweige bis in die Mitte des Kanals. Ja, einmal müssen wir sogar einem umgestürzten Baum ausweichen, der fast den ganzen Wasserweg versperrt.

Wind rauscht in den Baumwipfeln. Geheimnisvolles Halbdunkel mit Sonnenstrahlen, in denen goldenes Geflimmer tanzt, schwarze Schatten auf dem Wasser. Schön!

In Nancy haben wir unsere Schweizer Freunde Margreth und Luciano getroffen. Es ist schön neue Leute kennen zu lernen, aber es macht auch viel Spaß mit alten Freunden zusammen zu sitzen und stundenlang zu plaudern. So nehmen wir denn jede Gelegenheit wahr um frühzeitig Feierabend zu machen und für die Happy Hour unsere Bordvorräte zu schmälern.

Wir haben den Vogesenkanal schon mehrere Male befahren. Allerdings immer im frühen Frühjahr, wenn gerade das erste zarte Grün aufgebrochen und die Ufer mit weißen Blüten überzogen waren.

Der nasse Sommer gibt der Natur eine verschwenderische Üppigkeit.

Und…. Er bringt sehr viel Wasser in den Kanal.

Wir haben vor einigen Jahren schon einmal Lehrgeld, bzw. Mastspitzen, gegeben.

Unter der Eisenbahnbrücke vor Schleuse 28 haben wir unseren Mast abgefahren. Da sind wir deshalb besonders vorsichtig.

Keine Gefahr! Unser Höhenmesser kratzt nicht. Es ist knapp, aber es reicht!

Sorglos fahren wir weiter. Wenn es hier keine Probleme gibt, dann sind wir wohl aus dem Schneider, denken wir……………..

Schleuse 23 lehrt uns das Fürchten.

Der Höhenmeter kratzt. Manfred schiebt Beluga vorsichtig, ganz langsam unter die Brücke. Die Funkantenne kratzt. Ich sehe einen fingerbreit Licht über dem Fahrverdeck. Dann steht das Bimini an der Brücke.

Manfred haut reaktionsschnell den Rückwärtsgang ein. Die Antenne hakt sich unter der Brücke ein!

Ein Regen aus Rost rieselt auf Beluga herab, dazwischen das erste Stück der Antenne.

Wir bauen das Bimini ab.

Manfred ärgert sich einen Wolf, das seh ich ihm an, auch wenn er erstaunlich wenig flucht.

 

 

Auch die folgenden Brücken sind keine 3,50 m hoch. Man kann den Franzosen einfach nicht trauen.

 

 

24 Schleusen machen wir an diesem Tag, darunter eine Schleusentreppe mit 15 Schleusen.

Während ich koche, repariert Manfred die Antenne.

Was für ein Tag!!!!!!!!!!!!

Von nun an geht's bergab mit uns.

Es überfällt mich wieder. Es überfällt mich jedes Mal, wenn wir diesen Kanal fahren: eine unerhörte, ursprüngliche Be- ja Verzauberung.

Der lautlose allmähliche Durchbruch aller Schranken, der die Menschen in der Hürde des Alltäglichen, Normalen gefangen hält, hier könnte er gelingen.

Ich möchte einmal in diesem Kanal eine unbegrenzte Zeit verbringen.

Mitten im Wald, weg von jeglicher gefühlter Zivilisation. Meilenweit! Keine Vergangenheit, keine Zukunft, kein Fernsehen, kein Radio und kein Telefon.

Nur der Moment!

Seelisch absolut unkorsettiert.

Ohne Ablenkung schreiben. Einfach nur schreiben. Ohne mich ein jedes Mal neu in die Geschichte hineindenken zu müssen.

Geschichten, die in meinem Hinterkopf sitzen und für deren Niederlegung der Winter nicht ausreicht.

Ich möchte die Vogelstimmen als Oberons Gruß annehmen und seinen Elfen bei ihrem Tanz über sonnengesprenkelte Waldpfade lauschen.

Allein und endlich einmal Eigentum meiner selbst. Reisen, entweichen, ins Nicht-erreichbar sein, in einen gleitenden Wechsel, ein endliches Nein.

Diese Ruhe könnte eine totale Metamorphose des Menschlichen bewirken.

Ich würde meine spitze Feder in Sanftmut tauchen……………………

Oder vielleicht doch nicht!

Ohne meinen Skipper ginge mir ja recht schnell der PC aus. Also wird's vermutlich nix werden mit der schöpferischen Auszeit.

Sie ist wohl so weit entfernt von mir wie der Pulitzer-Preis.

Der Traum ist der beste Beweis, dass wir nicht so fest in unserer Haut eingeschlossen sind, wie es scheint.

Gerade macht sich die Enterprise auf, neue Galaxien zu erforschen. Quietsch, piep, uuiing…….du bist die Kohlenstoff-Kirk-Einheit…….. äh… woll…..

Und überhaupt, was wären denn Kolumnen ohne Esprit und Bosheit?

Egal wie, die Fahrt durch diese Wälder ist einfach schön. Sehr schön.

Über 100 Jahr ist der Kanal alt, ob er noch einmal 100 Jahre überdauert?

Ich wüsste es gerne.

Es ist eine Großschifffahrtverbindung zwischen Mosel und Saône im Gespräch.

Was wird dann aus dieser wunderbare Landschaft werden, diesem ruhigen Kanal?

Oder anders:

Fahren unsere Kindeskinder auch noch mit dem Boot durch diese Landschaft?

Gibt es sie dann noch, diese Wälder? Oder wachsen neben einem ausgetrockneten

Wassergraben die ersten Palmen?

Können wir in der Zukunft noch Treibstoff für Hobbys vergeuden?

Leute die permanent rumjammern, lamentieren, klagen, bemängeln, ächzen, stöhnen, bekritteln, predigen, tadeln, zetern, winseln, greinen, lästern, maunzen, mosern, schimpfen, toben, donnern und daraus auch noch ein Buch zusammenschustern waren mir schon immer suspekt.

Die Pfirsiche für die Bowle sind alle faul und es regnet mal wieder.

OK, nur ein Pfau kann sich erlauben weitschweifig zu sein!

Nach einem geruhsamen, sehr geruhsamen, eigentlich ziemlich faulen Wochenende nehmen wir die letzte Etappe im Kanal in Angriff.

 

 

Schleuse 36 scheint bekannt für ihre Eigenwilligkeit, denn als wir ankommen erscheint auch ungerufen der Service und hat einige Mühe die Schleusentore zu öffnen.

Jetzt haben wir ihn hinter uns. Diesen feenhaften, unirdischen Kanal.

Quel dommage!

 

Immerhin sind wir jetzt auf der Saône.


 

 

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