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Leinen los und los!

 

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Nach Friesland

 

 

Kaum haben wir den See hinter uns, kommen wir auch politisch nach Friesland. Was für uns natürlich keinen großen Unterschied macht. Die Landschaft ist die gleiche und die Menschen auch.

Die holländischen West-Friesen unterscheiden sich ganz erheblich von unseren deutschen Ostfriesen.

Sie haben zwar beide Inseln vor der Küste und warum das so ist, das wissen wir ja jetzt, über die holländischen Friesen würde sich jedoch keiner erdreisten die köstlichen Friesenwitze zu machen, die kennen da keinen Spaß.

In einem ostfriesischen Dorf ist ein Auflauf. Alle Fenster sind auf, Leute strömen zusammen. Einer kommt später dazu und fragt:“ Was ist denn hier los?“

Sagt der andere:“ Das muss man gesehen haben! Da geht einer durch die Strasse, den kennt keiner!“

Bei den holländischen Friesen ist das anders. Sie haben schon die Römer zum Teufel geschickt, haben eine eigene Flagge und eine Sprache, die mehr dem englischen verwand ist, denn dem Deutschen. Sie haben Sportarten, die es nur hier gibt, Kaatsen, Fierljeppen und Skûtsjesilen, das kann man kaum schreiben, geschweige denn sprechen oder gar die Spielregeln verstehen. Neben Berenburger ernähren sie sich hauptsächlich von durchreisenden Fremden.

Und gleich in unserer ersten, richtig friesischen Stadt, in Dokkum, müssen wir erfahren, dass man hier vor Unzeiten den heiligen Bonifatius mit samt seinem 52köpfigen Anhang gemeuchelt hat.

Dass sie sich jetzt Bonifatiusstadt schimpfen, ihm ein Denkmal erstellt und eine Kirche gewidmet haben, macht es auch nicht mehr ungeschehen.

Früher mal war Dokkum eine Hafenstadt und mit dem Grootdiep mit der Nordsee verbunden. Da war sie Sitz der Admiralität von Groningen und Friesland und wurde mit starken Festungswällen geschützt, die ein beinahe regelmäßiges Sechseck bilden. Mit der Abdeichung des Lauwersmeer verlor Dokkum seine Bedeutung und die Admiralität verlegte ihren Sitz nach Harlingen.

Dokkum ist eine quirlige Stadt geblieben und in jedem Kanal in der Stadt darf man anlegen.

Sie ernähren sich gut von den Durchreisenden, 7,20 € werden wir fürs Liegen an der Wiese los und noch mal 4,30 € fürs Heben der Brücken.

Die Dokkumer Ee windet sich durch die Landschaft wie der Wiesenbach, der sie auch ist. Vorbei an riesigen Bauerhöfen, Weiden voller Kühe und Schafe, dazwischen einige Enten und Schwäne, die ihnen beim Grasen helfen.

Segelmasten wandern durchs Land wie von Geisterhand bewegt, von Motorbooten sieht man gerade mal die Dächer über den Schilfgürtel lugen.

Die Dorfdurchfahrten gleichen einem real existierenden Bilderbuch.

Ein wenig neidisch bewundern wir die zauberhaften Häuschen mit ihren manikürten Vorgärten am Bach und dem hauseigenen Hafen daneben.

An den Brücken werden Holzschuhe herabgelassen. Früher verschlang der Klompje beim Heben einer Brücke einen Quartje, 25 Holland-Cent, heute ist er hungriger, da werden schon mal 2 € oder wie in Leeuwarden 6 € vertilgt.

Würde man den Friesen den Wassersport nehmen, sie müssten den Gürtel sehr eng schnallen.

Leeuwarden ist seit 1504 die Hauptstadt der Provinz Fryslân .

Eine lebhafte Stadt, durchzogen von Grachten in denen viele Wohnboote und Traditionsschiffe liegen.

Zunächst wurden die Grachten als Verteidigungsgräben angelegt, doch es dauerte nicht lange, da wurden sie zu Transportwegen und dienten als Kanalisationssystem.

Es ist heute noch nicht viel anders.

Als Symbol der Unfähigkeit von Staatsdienern aller Epochen dient der Oldehove, der schiefe Turm von Leeuwarden. Erst als der halbfertige Turm absackte fiel den Bauherren auf, dass der Untergrund zu schwach war und die geplante Kirche überhaupt nicht gebaut werden konnte. Stehen nicht auch bei uns Bauleichen in Form von Brücken, die niemand braucht und die nirgends hinführen, schon gar nicht zu einer Straße.

Immerhin ist er ein interessantes Gebäude.

Als der Hafenmeister zum Kassieren kommt, drückt er mir eine Broschüre in die Hand.

Super Service denke ich, endlich ein wenig Geschichtliches von der Stadt, das nicht im Reiseführer steht. Doch Pustekuchen. Die Broschüre informiert in vier Sprachen, dass man hier in einem wunderschönen Park liegt, der allgemein zugänglich ist. Es würden zwar Parkwächter herumlaufen, aber man soll doch auf sein Eigentum achten und besonders das Boot abschließen, wenn man von Bord geht, selbst wenn es nur ganz kurz ist.

Tatsächlich lauert Manfred mit einem Knüppel bewaffnet mitten in der Nacht eine Stunde im Ruderhaus, weil sich irgendwelche versoffenen Penner vor Beluga breit machen.

Da jedes unserer Tagesetmale bereits um die Mittagzeit endet, kann er den verlorenen Schlaf locker durch ein Mittagsschläfchen ausgleichen.

In Grouw legen wir nicht an. Ich glaube, da hat es mehr Boote als Einwohner. Wir greifen uns gegenüber im Pikmeer ein Marrekriteplätzchen.

Stundenlang kann man auf dem Achterschiff sitzen und den vorüberziehenden Booten und Schiffen zuschauen.

Kinder segeln mit Optis und baden, die bruine floot setzt stolz ihre braunen Segel, Berufsschiffe haben es eilig irgendwo hin zu kommen.

Abends zieht es sich zu. Schnell ist um uns herum nur noch gespenstisches Grau.

Das verzögert natürlich auch unsere Weiterfahrt am Morgen. Doch bis Sneek ist es nicht weit.

Seit Groningen bewegen wir uns auf der stehenden Mastroute. Niemals hätte ich gedacht, dass diese Route von so vielen und so vielen so großen Seglern genutzt wird.

Warum machen sie das? Warum segeln sie nicht mit ihren Segelbooten durch Ijsselmer oder Waddenzee? Es ist mir unverständlich!

Vielleicht müsste man die Route umbenennen in Hasenfuß-Route?

Aber ich weiß jetzt, warum wir kein Segelboot mehr fahren. Manfred hat keinen Bart und ist auf dem Kopf noch nicht (ganz) barfuss.

Männer ohne Bart sind keine richtigen Wassersportler. Es ist ja wohl zweifelsfrei, dass nur Segler richtige, gute oder besser noch richtig gute Bootfahrer sind.

Und im Übrigen begeht er einen Fauxpas nach dem anderen. Er greift zum Beispiel sein Steuerrad mit splitternackten Händen. Hätte er den richtigen Sportsgeist, würden seine Hände sportlich elegante Handschuhe ohne Finderspitzen zieren.

Aber das würde ihn vielleicht doch nicht rausreißen, denn es scheint wohl die neue Tradition zu sein, dass bärtige, behandschuhte Männer als Einhandsegler unterwegs sind. Zumindest haben sie eine Hand an Ruder oder Pinne und die andere mit dem Handy am Ohr.

In Sneek nehmen wir einen Platz mitten in der Stadt. Und zapfen auch gleich den Stromkasten an. Große Wäsche, Batterien laden, einkaufen, Wasser bunkern und uns mit alten Freunden treffen.

Wir treffen die „Katharina“. Herbert ist Hobby-Schriftsteller, genau wie ich und Gudrun leidet still vor sich hin, genau wie Manfred.

Naja, still trifft wohl auf Manfred nicht ganz zu. Er stänkert schon rum, wenn er seine Beluga in irgendwelche Ecken manövrieren oder mit mir kreuz und quer durch die Städte latschen muss, um ein paar tolle Bilder zu machen, die ich anschließend doch nicht verwenden kann.

Man muss sich fürs gemeinsame Altern gemeinsame Erinnerungen schaffen.

Also kann es ja nicht so falsch sein, wenn ich sie aufschreibe.

Eine Hitzewelle hat Holland erfasst.

Wir schlagen uns schnell wieder in die Büsche.

Eine kleine Wieseninsel mitten im Sneeker Meer.

Schön ist es hier und heiß, heiß, heiß!

Selbst in kurzärmeligen Hosen bleibt es transpirierend.

So ist das mit den Leuten, regnet es, ist's nicht recht, ist es brüllend heiß, ist's auch nicht recht.

Gegen Mittag sind alle Plätze, bis auf den letzten belegt.

Wir lassen es uns gut gehen, grillen und trinken Bowle.

Habe ich gedacht es hätte viel Verkehr im See, am Samstag werde ich eines Bessren belehrt. Es geht zu wie in Frankfurt auf der Zeil. Speedboote jagen an uns vorbei, große Nachen mit dicken Außenbordern, keiner sieht das 6km/h Schild oder will es sehen. Wir tanzen an der Böschung auf und ab wie besoffen. Einige besonders eklige Wellen reißen uns die Leiter aus der Verankerung und machen ein paar Kratzer in die Scheuerleiste.

Ruhe? Mittagsschlaf? Aber bitte nicht am Wochenende.

Ein holländischer Opa hebt sein Schlauchboot ins Wasser. Seine Enkelin kommt in eine kleine Gummigurke, der Bub froscht mit dem Schwimmring im Wasser und Opa zieht die beiden mit dem Schlauchboot hinter sich her. 4 Stunden lang, ohne Pause, immer vor den Booten, hin und her und hin und her. Die Kinder jauchzen vor Vergnügen.

Es ist das Privileg der Kinder, dass schon zwei immer wie eine ganze Horde klingen.

Als das Tau sich um Opas Motor wickelt und er sich dabei fast erhängt, kann es uns kein bisschen Mitleid entlocken. Es dauert nicht lang, dann hat er sich wieder entheddert und die wilde Jagd geht weiter.

Die Helerna hat sich zu uns gesellt. Wir freuen uns Ulli und Renate wieder zu treffen.

Es ist schon erstaunlich, man kann sein wo man will auf dieser Welt, irgendwo trifft man immer jemanden den man kennt.

Nach einem amüsanten Wochenende macht sich jeder in eine andere Richtung auf um seine Reise fortzusetzen.

 

Butter, Milch und Beker, wer's nicht mag, der ist kein echter Sneker!

 

So ähnlich steht es in friesisch am Wahrzeichen von Sneek, der Waterpoort.

Das Sneeker Wassertor aus dem Jahr 1613 ist der einzige Überrest der im 18.Jh. geschleiften Stadtumwallung.

 

 

 

Wer nicht wenigsten einmal am Waterpoort vorbeigeschippert ist, der war nicht in Sneek. Deshalb entschließen wir uns quer durch Sneek über die Geeuw und die Wijde Wijmerts ins Heeger Meer zu fahren.

Schnell liegt das weite Wasser des Heeger Meeres vor uns. Das Fahrwasser ist gut betonnt, man hat keine Probleme mit der Navigation.

Konturlos geht das Heeger Meer in den Fluessen über.

Zusammen mit dem See Morra und dem Hegermeer bildet der Fluessen ein Kilometer langes Gletschertal aus einer der letzten Eiszeiten.

Auch der Fluessen ist sehr gut betonnt. Mit 11 km Länge und 2 km Breite gibt er einem einen kleinen Vorgeschmack auf die Weite des Ijsselmeeres.

Ganz in der Ferne, verschwommen im Dunst liegen die niederen Lande.

Die immer wieder aufsteigen Duftwolken von Jauche bringen uns dieses ausgedehnte Wiesengebiet immer wieder in Erinnerung.

Über den kleinen See Oorden erreichen wir den Morra und je näher wir dem Ijsselmeer kommen, desto größer und zahlreicher werden die Jachthäfen. Ganze Wälder aus Masten tun sich vor uns auf.

Besonders imponiert haben mir die vielen Spielplätze, die man für Kinder in den Jachthäfen angelegt hat.

Viel zu schnell haben wir auch die Warnservaart hinter und Stavoren vor uns. In diesem kleinen ehemaligen Zuiderzee-Fischerdorf steppt wirklich der Bär. Die Liegeplätze im Kanal sind wie Logenplätze.

Wir legen an und ich gönne uns einen Lekkerbeker und einen neuen Haring am Kiosk an der Brücke.

Steckt man beim Boote gucken an der Schleuse die Nase in den Wind hat man die Wahl, den leckeren Duft der Fischbraterei oder die große Freiheit des Ijsselmeers zu erschnuppern.

Das Wetter ist einmalig. Der Wind nur schwach, das Ijsselmeer ganz zart gekräuselt.

Wir nutzen die Gunst der Stunde und entschließen uns bereits heute und nicht erst morgen nach Medemblick überzusetzen.

Heute Morgen war es wieder sehr neblig. Wenn es morgen so ist, können wir vielleicht nicht weg und wie lange das schöne Wetter anhält, lässt sich auch nicht sagen.

 

20 cm schleusen wir vom Kanal nach oben ins Meer.

Und dann liegt es vor uns. Das Ijsselmeer.

Viele Segelboote queren mit halbem Wind unseren Kurs. Motorboote sind überhaupt keine zu sehen. Außer uns natürlich.

Es ist eine traumhafte Fahrt.

Plötzlich vor uns ein Damm.

Weder in den Karten noch im GPS ist etwas eingezeichnet.

Manfred ist äußerst aufmerksam. Sollten wir uns irgendwie verirrt haben? Nein!

Unser Kurs stimmt, vor uns erscheint der Kirchturm vom Medemblik.

Der Damm stellt sich heraus als neuer Polder. Hier wird gebaggert und der Sand kommt hinter den Wall. So wird wieder einmal eine neue Insel im Ijsselmeer entstehen.

Vor der Einfahrt in die Stadt ist ein riesiger neuer Jachthafen. Auch er ist in unserer Karte nicht verzeichnet.

Von Medemblik schleusen wir mit zwei Schleusen 5 m runter ins Hinterland.

Hallo!!!

Wir sind in der Provinz Nordholland angekommen!

 

                  

 

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