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23 Auf dem Rhein daheim  

 

Leinen los und los!

 

23

Auf dem Rhein daheim

 

Kurz nachdem Manfred unsere Einfahrt in den Rhein bekannt gibt, meldet sich unser Funk mit einem unverständlichen Rauschen. Wir bilden uns ein jemand hätte Tortuga gerufen. Nun, Tortuga war unser Kutter, also können wir ja mit Beluga nicht mehr gemeint sein.

10 Minuten später geht das Handy und unser Sohn Robin teilt uns mit, dass Jan, der Partikulier der Deanne W., Manfreds Stimme am Funk erkannt hat. Er hat Neuigkeiten über die aktuellen Sperrungen im Rhein.

Telefonisch bestätigt er, dass tatsächlich die Schleuse Gambsheim den Tagbetrieb eingestellt hat und nur noch nachts schleust.

Vor einer eventuellen Sperrung des Oberrheins weiß er allerdings auch nichts.

Samstags und sonntags soll auch tagsüber geschleust werden. Also ist unser Besuch beim Skipper-Treffen in Plobsheim endgültig gestorben.

Wir müssen sehen, dass wir die Schleusen hinter uns bringen, um nicht doch noch irgendwo in Frankreich stecken zu bleiben.

Aber einen Besuch wollen wir wenigsten machen.

Die Schleuserei geht ein wenig schleppend. Wir müssen auf ein Berufsschiff warten. Als die Najade von Rotterdam eingelaufen ist, hängen wir uns hintendran. Doch es ist sehr knapp bis zum Trempel. Manfred legt wieder ab und geht auf die andere Seite neben den Frachter, damit der Schweizer hinten auch noch Platz hat. Das passt dem Schleusenwärter nicht. Wir sollen wieder hinter den Frachter liegen. Das machen wir, doch der Platz ist nicht größer geworden. Wenn wir den Schwimmpoller mittig nehmen stehen wir hinten über den gelben Trempel-Strich.

Der Schiffsmann der Najade schüttelt den Kopf, er hätte kein Problem damit, dass wir neben ihm liegen, sagt er. Doch wir brauchen auch keine Bedenken hinter ihm zu haben, er nimmt die Maschine raus und macht kein Gewirbel.

Manfred hält Beluga an einer Relingsstütze. Abwärtsschleusen ist ja nicht so tragisch. Als der Tempel erscheint können wir noch ein Stückchen zurück, so dass ich jetzt wieder den Mittelpoller nehmen kann. Ich soll gut belegen, wenn die Najade abfährt, ermahnt mich Manfred.

Doch das wäre nicht nötig. Der Schiffsmann der Najade fährt mit dem Bugstrahlruder so weit nach vorne, bis er uns mit seinen Wellen nicht mehr beuteln kann.

Wir haben so viel Rücksichtnahme von einem Berufsschiffer noch nie erlebt. Dafür gehört ihm einen Orden. Danke, Najade aus Rotterdam!

Gleich hinter der Schleuse legt der Frachter an und wir zockeln mit dem Schweizer alleine weiter.

In der nächsten Schleuse müssen wir ziemlich lange auf die „Deane W.“ warten. Mit ihr können wir Schritt halten und schleusen dann gemeinsam weiter.

In der nächsten Schleuse meldet Jan sich und uns für die Schleusung an. Kaum liegen wir hinter ihm fest ruft der Schleusenwärter über Funk, wieso wir uns denn nicht anmelden würden. Er wäre doch kein Hellseher. Manfred fragt, ob er uns denn nicht gesehen hätte und die Deanne W. hätte uns doch angemeldet.

Ja, so ginge das ja nun mal gar nicht. Jedes Boot hat sich ordentlich selbst anzumelden. Es sei denn es wäre ein U-Boot. Nur U-Boote dürfen durch die Schleuse fahren ohne sich anzumelden. Gut, sagt Manfred, das hab ich verstanden, notieren sie Beluga MZ….. Das hätte er ja schon längst, er wäre ja nicht blind, steht ja groß genug auf dem Boot. Aber das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass sich jedes B…..

Er erklärt es Manfred noch einige Male.

An der nächsten Schleuse, als Manfred sich anmeldet, sagt der Schleusenmeister, es wäre schon gut, das Berufsschiff hätte ihn schon gemeldet und im Übrigen sei er nicht blind.

Jan ist mit der Deanne W. ganz schön schnell, und das ist uns sehr recht, denn wir wollen vor 6 noch in den alten Rhein-Rhone-Kanal Richtung Straßburg schlüpfen.

Es wird eng.

Viertel vor 6 fahren wir in die Großschleuse Rhinau. Manfred ruft den Schleusenwärter der kleinen Schleuse an, um uns anzumelden.

Doch der kennt keine Gnade, wenn wir um 6 nicht da sind, macht er zu. Dann wird nicht mehr geschleust. Erst morgenfrüh um 9.

Um 5 nach 6 stehen wir vor dem Tor. Die Schleuse ist zu. Man kann es ihm nicht verübeln, er hat um 6 Feierabend. Ob er an diesem Tag 2 oder 3mal seine Knöpfchen gedrückt hat, oder gar nicht.

Wir hängen uns, in Ermangelung eines Steigers vor ein Brettergestell direkt vors Schleusentor. Es muss halt gehen über Nacht. 2 Stunden später kommt auch der Schweizer, den wir unterwegs abgehängt haben und legt sich auf die andere Seite.

Wie immer sind wir früh fertig. Schon um halb 9 schalte ich alle Hebel ein. Dann brauchen wir nur noch zu starten, wenn die Schleuse aufgeht. Die wissen ja, dass wir hier sind. Das Geschaukel der vorbeifahrenden Berufsschiffe geht mir auf den Keks. Das bin ich ja schon ewig nicht mehr gewöhnt.

Es wird 9. Dann 10 nach 9. Die Zeit wird uns nicht lang, wir unterhalten uns lebhaft mit dem netten Schweizer Ehepaar. Um 20 nach 9 versucht es Manfred mit dem Funk, dann mit dem Handy. Der Schleusenmeister geht nicht ran. Um viertel vor 10 ruft er in Straßburg beim VNF an. Die Dame ist sehr freundlich, weiß aber auch nicht wo der Eclusier ist und wie sie ihn erreichen soll.

Um halb 11 kommt Leben ins Schleusenhaus. Um viertel vor 11 fahren wir in die Schleuse ein. Manfred beschwert sich bei der Schleusendame. In allen Aufzeichnungen und Mitteilungen des VNF steht als Öffnungszeit 9 Uhr, wie an allen anderen Kanälen auch. Im Übrigen waren wir ja sogar angemeldet für 9 Uhr.

Sie zuckt die Schultern. Sie ist für diese Schleuse erst um 11 Uhr eingeplant.

Ja, sagt Bertrand, der Skipper der Jambo und Ausrichter des Skipper-Treffens in Plobsheim, als wir am Nachmittag eintreffen, das hat er schon öfter gehört, dass die erst um 11 die Schleuse aufmachen.

Und kurz darauf meldet sich Jan erneut übers Handy. Er hat erfahren, dass Gambsheim an diesem Wochenende nur am Samstag tagsüber öffnet.

Es hilft alles nichts, wir müssen hier raus.

Wenigsten einen Rundgang durch Straßburg müssen wir machen.

Es gibt kaum eine Sehenswürdigkeit oder Museum, das wir nicht schon einmal besucht haben.

Diese Stadt, die so lange und so oft deutsch war und von ihrer alemannischen Nähe so stark profitiert hat.

Und trotzdem so durch und durch französisch ist.

Die französische Nationalhymne ist hier entstanden.

Allons, enfants de la patrie! Auf, Kinder des Vaterlandes !

Ist der Anfang des in der Nacht vom 24. zum 25. April 1792 in Straßburg von dem Ingenieuroffizier Rouget de Lisle gedichteten „Chant de guerre de l'armée du Rhin“. (Schlachtgesang der Rheinarmee)

Am 25.April trug er das Lied beim Maire Dietrich vor und schickte es am selben Tag mit Widmung an Marschall de Luckner, Oberbefehlshaber der Rheinarmee. Ende Mai oder Anfang Juni erschien es mit der Widmung auf zwei Blättern anonym. Am 30. Juli sangen es die Marseiller Verbündeten bei ihrem Einzug in Paris, und von da an nahm es die Bezeichnung „Marseillaise“ an. Eine Originalausgabe wird in Straßburg verwahrt.

Samstagmorgen Punkt 9 Uhr ziehen wir ein letztes Mal an der Bedienungskordel einer Kleinschleuse.

Als Manfred sich bei der Nordschleuse Straßburg anmeldet, fragt er auch gleich nach den Sperrungen.

„Oh!“, sagt der Schleusenwärter. „Zwei minute, isch öhre!“

Dann kommt er persönlich an die Schleuse gelaufen und informiert uns, dass er gerade die telefonische Auskunft bekam, dass Gambsheim nicht schleust. Wir bräuchten es gar nicht probieren, es wäre geschlossen bis Mittwoch- vorerst -.

Auf dem Rhein kommen uns etliche Frachter entgegen. Die sind ja wohl auch nicht vom Himmel gefallen. Also fragt Manfred einen über Funk und bekommt prompt die Antwort, dass heute geschleust wird. Also weiter!

Der Schleusenmeister in Gambsheim informiert uns über Funk, dass für Sportboote eine Sperrung angeordnet ist. Aber wenn er Talfahrt hat und es passt, dann nimmt er uns mit.

Leider pass es erst mal nicht. 4 große Berufsschiffe füllen die große Kammer vollständig aus. Wir müssen – sollen – auf die kleine Kammer warten. Die kommt hoch, hat 2 Frachter darin, doch sie können nicht ausfahren, das Tor klemmt.

Wir warten auf Talfahrt und es wird 13 Uhr, bis wir Gambsheim endlich hinter uns haben.

Gut, dass wir noch in Frankreich sind. In Deutschland hätte uns kein Schleusenmeister mitgenommen, wenn Sportboote gesperrt sind.

Vor Iffezheim liegen 15 Berufsschiffe und warten auf Schleusung.

Der Schleusenmeister ist unheimlich entgegenkommend, obwohl er doch sicher im Stress ist.

Wir sollen mal langsam nach vorne fahren, wenn er kann, nimmt er uns mit.

Er kann! Um halb vier verlassen wir endgültig die letzte Schleuse am Oberrhein. Jetzt können sie machen was sie wollen. Wir haben's geschafft!

 

Nun können wir uns beruhigt zurücklehnen und das traumhafte Herbstwetter genießen.

Die gekräuselte Wasseroberfläche des Flusses reflektiert das intensive Blau des Himmels und das metallene Licht der Sonne glitzert auf dem Wasser wie Goldmünzen.

Eine herrliche Flussfahrt. Was ist es doch am Rhein so schön!

Zum Übernachten lassen wir unseren Anker im Beinheimer Hafen fallen.

Glasklares Wasser.

Der April hatte uns mehr als kurze Sommersonnenaugenblicke versprochen,

doch endloser Dauerregen, bei dem man den Eindruck hatte, die Sonne hätte uns ganz vergessen, ließ uns die Hoffnung auf einen schönen Herbst fast aufgeben. Jetzt verschönt sie die letzen Tage unserer Reise.

Dicker, wattegleicher Nebel hüllt uns am Morgen ein und verzögert unsere Weiterfahrt. Doch schon bald steigt er vom Wasser auf und vermischt sich mit Sonnenstrahlen zu silbernen und goldenen Bändern.

Noch nie gab es so viel Freizeit, so viel Urlaub, so viel Entspannung. Noch nie gab es so viel Genussmittel, soviel Alkohol, so viel Drogen. Noch nie gab es so bequeme Verkehrsmittel, so gut eingerichtete Wohnungen, so hohen Lebensstandard. Und noch nie gab es so viel unglückliche Menschen, so viel gescheiterte Ehen, so viel zerrüttete Familien. Noch nie gab es so wenig Freude. Ohne Freude wird das Leben unlebbar, eine Aneinanderreihung von Langeweile und Lustlosigkeit. Denn der tiefste Sinn des Lebens ist die Freude.

Man kann 100.000 km mit einem Jet zurücklegen, ohne Mitteilungswertes zu erfahren, aber man kann in einer Stunde gemütlicher Fluss- oder Kanalfahrt auf dem altmodischsten aller Fortbewegungsmittel, dem Boot, sensationelle Erlebnisse haben.

Drauf freuen wir uns alljährlich aufs Neue.

Bis zur nächsten Reise, wenn Ihr wollt, denn wir kehren nur heim, um wieder wegfahren zu können.

Au revoir!

 

Du, der du das liest, liebst du mich jetzt?

Dann habe ich wenigstens einen zum Narren gehalten.

Und wer von uns beiden ist nun mehr zu bedauern?

(nicht von mir, von Cary Fagan, aber es passt so gut)

 

 

 

 

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