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Kapitel 1
Heimat


Kapitel 2
Loreley


Kapitel 3
Die Mosel


Kapitel 4
Canal de la Marne au Rhin

Kapitel 5
Canal de la Marne á la Saône

Kapitel 6
Auf der Saone


Kapitel 7
In der Seille

Kapitel 8
Zurück auf der Saône

Kapitel 9
Der Doubs
Komödien am laufenden Bande

Die Grotte von Orselle
Traurig trübe Tage
Die Jungfrau
Alleine weiter
Ein Löwe kommt selten allein
Mast- und Schotbruch
Sachen gibts..

Kapitel 9

Der Doubs

 

Sachen gibt's, die gibt's nicht

 

Schleuse Niffer mit ihrem extravaganten Schleusenhaus schleuste sie auch ohne Berufsschifffahrt in den Grand Canal d'Alsace. Für französische Schleusenwärter waren halt Sportboote auch Schiffe mit einer gewissen Daseinsberechtigung.

Hypervagante Architektur war genauso wenig Doris' Metier wie moderne Kunst und abstrakte Malerei. Sie konnte zugeben, dass bei den Damen im vorgerückten Alter der Busen nicht mehr unbedingt an seinem ursprünglichen Platz war, aber die Nase hatte man in jedem Alter mitten im Gesicht.

Der Wasserstand im Kanal war wieder weitgehend normal und auch der Unrat der im Wasser schwamm hielt sich in Grenzen. Unangenehm wirkten sich die Betonwände auf die Wellen aus. Kam ein Berufsschiff, dann schaukelte Beluga durch die Wellen, die Wellen liefen weiter, kamen vom Ufer zurück, schaukelten Beluga, liefen ans andere Ufer, kamen zurück und schaukelten Beluga, und so weiter und so weiter, Kilometer lang, stundenlang, denn kaum hatte sich das Wasser etwas beruhigt, kam bestimmt das nächste Schiff und das Spiel begann von vorne. Sie mussten sich einfach wieder daran gewöhnen, an das stetige auf und nieder, immer wieder.

Sie kamen flott voran. Nur an der Schleuse Rhinau hatten sie einen kurzen Aufenthalt. Hier war Doris zum ersten Mal in ihrem Leben sprachlos. Virginia und Beluga dümpelten nebeneinander im Schleusenoberwasser. Da stieg Irene, das silberne Haupt erhoben wie Aphrodite, die Schaumgeborene, majestätisch die Badeleiter herab und versenkte sich im eiskalten Wasser des Grand Canal. Sie musste dabei nicht mal ein kleines bisschen stöhnen, ächzen oder juchzen. „Es ist lecker“, verkündete sie. Und alle anderen schauten ihr ungläubig zu, weil ihnen die Spucke weg blieb.

 

 

 

Als die Sonne noch hoch am Himmel stand, schlüpften sie in Rhinau in das letzte Stück Canal du Rhône au Rhin Richtung Straßburg.

Wenn es ihnen zeitlich möglich war, nahmen sie immer diesen Kanal. Nicht nur um dem Grand Canal zu entrinnen, auch um die Schifferkapelle in Plobsheim zu besuchen. Sie waren nicht besonders fromm, das konnte also nicht der Grund sein. An der Kapelle hockten aber die, die immer do hockten. Und es gab immer den neuesten Klatsch vom Oberrhein. Im Übrigen war die Kapelle ein Kleinod, immer wieder schön anzusehen, besonders jetzt, da sie renoviert worden war.

Sie war auch eine Station auf dem Weg des Heiligen Jakob nach Santiago de Compostela . Er steht versteinert in der Kapelle, zu erkennen an der Muschel auf seinem Mantel. Doris würde diesen Weg unheimlich gerne machen. Nicht unbedingt laufen. Mit einem Esel oder Pferd, vielleicht mit einer Kutsche oder einem Leiterwagen. Evtl. mit dem Fahrrad. Manfreds einziger Kommentar auf dieses Hirngespinst war ein langer, spitzer Finger an der Stirn.

Sie nutzten das schöne Wetter aus zum Grillen und für gemütliche Spätsommerabende mit den Holländern in der Wiese. Ihr weiterer Weg nach Straßburg wäre völlig uninteressant gewesen, hätten die Schleusen nicht immer wieder einer besonderen Aufforderung bedurft um sich in Bewegung zu setzen. Bei der vorletzten Schleuse vor Straßburg brauchten sie dann endgültig den Service um die Mechanik in Betrieb zu setzen.

 

 

 

Jedes Mal, wenn sie in Straßburg waren, legten sie im Hospitalhafen an. Es war kein besonders tolles Viertel und leise war es schon gar nicht, aber der Hafen war sicher. Hier konnten sie die Boote alleine lassen und ausgiebig die Stadt, ihre Sehenswürdigkeiten und Museen durchstöbern.

Sie hatten immer 10 Euro bezahlt für eine Nacht. Für Frankreich nicht eben billig, aber für eine Großstadt wie Straßburg durchaus angemessen. In diesem Jahr gab es keinen französischen Hafenmeister, sondern einen englischen. Das war merkwürdig. Noch merkwürdiger war, dass er keine Liegegebühr von ihnen wollte. Sie sollten eine Spende machen, das wäre dann schon in Ordnung.

Nach den Schreckensmeldungen im Fernsehen, dass in Deutschland Diesel täglich teurer wurde, entschied Manfred, dass sie in Frankreich noch einmal tanken würden. Also gingen sie bei ihrem Stadtrundgang an einen Automaten. Der fragte ganz freundlich welche Sprache gewünscht würde und als Manfred auf „Deutsch“ drückte, machte er pip, pip, pip, schrieb: I keep your carte. Und die Angelegenheit war erledigt. Die Karte war weg. Natürlich war es 5 Minuten nach halb eins, die Bank hatte geschlossen. Als sie eine Stunde später zurückkamen, hatte die Bank immer noch geschlossen. Sie klingelten Sturm und tatsächlich erschien eine Dame, die ihnen freundlich erklärte, dass hier keine öffentlichen Schalter wären und schickte sie quer durch die Stadt. Sie fanden die crédit agricole , die auch geöffnet hatte, erklärten der jungen schwangeren Lerche ihr Problem, doch diese zuckte nur die Schultern. Sie sollten mal ihre Bank in Deutschland anrufen, wenn sie ein Problem hätten. Erst als Doris ihr nachhaltig klarmachte, dass sie ganz sicher kein Problem mit der deutschen Bank hätten, sondern lediglich mit dem Automaten in Frankreich, ließ sie sich dazu herab per Computer den Automaten zu überprüfen und musste tatsächlich eine Fehlfunktion zugeben. Doch davon hatten sie ihre Karte auch nicht wieder. Freitag würde der Automat nicht geöffnet, Samstag und Sonntag schon gar nicht, erst wieder Montag und dann könnten sie ihre Karte am Dienstagnachmittag bei ihr abholen. Sie debattierten eine Stunde. Es wurden Gespräche mit einem unsichtbaren Chef geführt. Sie kamen nicht weiter. Sie wollten keinesfalls bis Dienstag in Straßburg bleiben. Man würde ihnen die Karte nachschicken. Mit 3 Woche müssten sie mindestens rechnen.

Ihr Bankmann in Deutschland, bei dem sie die Karte sperren ließen, lachte als er das hörte. Da wäre es ja nur gut, dass sie mehrere Karten hätten. Wie wahr. Redde m'r nimm devun, würden die Elsässer sagen.

Straßburg entwickelte sich für die Bootfahrer zu einer äußerst anstrengenden Angelegenheit. Täglich mindestens 5 Stunden suchten sie die Sehenswürdigkeiten, die verschiedenen Märkte und Museen. Müdegelatscht war die Untertreibung des Jahres. Manfred machte drei Kreuze als sie endlich ablegten und weiterfahren konnten.

 

Sie hatten schönes Wetter und an keiner Schleuse nennenswerten Aufenthalt. Dass sie sich der Heimat näherten war nicht zu übersehen. Bereits in Frankreich begannen die Verbotsschilder. Hier war einfach nichts mehr erlaubt. Obwohl sie sich unbändig auf die Heimkehr freuten, wünschten sie sich schon wieder die geruhsame Freiheit in Frankreich zurück.

Das Leben ist so eingerichtet, dass nichts ewig dauert, weder das Glück noch das Leid.

Au revoir.

 


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