Kapitel 4

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•   Die letzten Kilometer zur Saone

Wir erklimmen die Scheitelhaltung

 

82 km und 76 Schleusen bis zum Tunnel müssen wir erklimmen. Eine mühsame Angelegenheit.

Doch wir haben Zeit und lassen es langsam angehen. 5 km und 5 Schleusen werden uns in einen kleinen Hafen bringen.

In einer Stunde haben wir es geschafft, die anderen brauchen zwei.

Gleich die erste Enttäuschung.

Der Hafen wurde von der Chartergesellschaft aufgegeben. Einige Stege liegen noch im Kanal, Strom und Wasser sind abgestellt. Neben dem Hafen ist eine Großbaustelle, der Wiesenplatz auf der anderen Seite des Beckens von Dauerlieger-Penischen besetzt.

Unser vereinbartes Barbecue muss auf der Mole stattfinden. Keiner ist richtig begeistert. John hat einen selbst gebastelten Grill, zwei Edelstahlplatten, eine unten für Kohle, an allen vier Ecken lange Schrauben, darauf eine Platte zum Braten. Für 6 Personen zu klein, auch unser Grill zu klein für sechs. Damit er sich nicht so bücken muss, legt John seinen Grill aufs Mäuerchen unmittelbar neben einer Hecke.

Beim ersten Schuss Spiritus über die Kohle steht der ganze Busch in Flammen. Manfred meckert ihn an. Als Australier sollte er schon ein bisschen vorsichtiger sein beim Feuermachen, schließlich hat er doch Erfahrung mit Buschfeuer.

Der Grill kommt auf den Boden, zehn Zentimeter über der Erde, nicht sehr appetitlich. Die Kohle will nicht recht brennen, die Platte wird nicht warm, die Steaks behalten weiter ihre leichte Schamröte.

Als Manfred mit unserem Fleisch fertig ist, wird unser Grill zum Fertigbraten genutzt.

Es will keine rechte Stimmung aufkommen. John schöpft dreimal von meinem Nudelsalat, Jan mokiert sich, sie würde nie pasta-salad machen, sie mag ihn nicht, doch auch sie schöpft zweimal.

Sue hat ihren alkoholfreien Tag und ihr Blick wird beim zweiten Glas vin rouge von Henry bereits streng. Als die Schüsseln geputzt sind, nimmt John seine Grillplatte mit Holzkohle mit der Grillzange und tunkt alles ins Wasser des Kanals. Ich schaue amüsiert zu. Denke, dass das bei uns nicht klappen würde und bin erstaunt, als er Zange einschließlich Platte tatsächlich wieder rauszieht.

Beim zweiten Eintauchen kommt nur noch die Grillzange wieder hoch. Die Platte ist abgetaucht. Jan beginnt sofort zu keifen und ihren Holden als „Idiot“ zu beschimpfen, was dieser mit harschen Worten quittiert.

Er würde es schon wieder fischen.

Mit dem Bootshaken stochert er im Wasser, während Henry den Magnet durchs Wasser zieht. Beide versehen mit unseren feixenden Ratschlägen, die keine sind. Manfred versucht ihnen begreiflich zu machen, dass Edelstahl nicht magnetisch ist, doch er stößt auf taube Ohren. Selbstverständlich weiß John es besser. Er schleppt einen Blechlöffel herbei auf dem Inox steht und beweißt Manfred, dass Edelstahl eben doch magnetisch ist.

Die, die nichts wissen und wissen, dass sie nichts wissen, sind mir allemal lieber als die, die nichts wissen und nicht wissen, dass sie nichts wissen.

Die Diskussion über den Unterschied zwischen rostfreiem Stahl und Edelstahl ist nicht erfreulich, das Blech wird natürlich nicht mehr gefunden, der Abend endet früh.

Die Nacht ist laut, schwitzig und Manfred bekommt einen seiner Anfälle im Knöchel die er schon 2 Jahre nicht mehr hatte. Die halbe Nacht wandert er mit Salbe und Schmerztabletten.

„La vieillesse nuit gravement à la santé ,“ sagen die Franzosen, das Alter wirkt sich nachteilig auf die Gesundheit aus.

Leider gibt's daran nichts zu deuteln und zu rütteln. Morgens ist der Knöchel zwar nicht mehr so schlimm, aber seine Stimmung nach der durchwachten Nacht immer noch mies.

Vor uns macht Adam mit seinem Arbeitsboot den Aufstieg.

Adam ist Engländer, Mutter Waliserin, Vater Pole, er lebt seit 20 Jahren in St-Jean-de-Losne und verdient sein Geld mit einem Kran/Baggerschiff. Sein verwegenes Aussehen erinnert an einen walisischen Schmuggler. Er beherrscht seine Penische perfekt, doch hinter ihm herzuzockeln macht naturgemäß nicht viel Spaß. Für die kurze Strecke, die wir allein in 2-3 Stunden schaffen würden, brauchen wir fast den ganzen Tag.

Manfred findet die Landschaft bescheiden, den Kanal bis jetzt noch besch....

Die Wasserversorgung im Kanal wäre eine reine Fehlkonstruktion. Womit er nicht ganz Unrecht hat, sonst müsste der Kanal nicht ständig wegen Wassermangel schließen.

Bei jeder Schleusung fällt das Wasser im Kanal um einige Zentimeter. Wir rutschen nur durch den Dreck. Dass wir mittlerweile durch eine Bilderbuchlandschaft fahren, kann ihn nicht kümmern. Er hat sich entschlossen alles erst mal unerfreulich zu finden.

Sues Gemeckere mit Henry geht ihm auf den Geist und Johns ständige Schönhudelei genauso.

„Ich hab noch nicht einen wonderbar mooring gesehen, nur Ufer an das keiner dran kann.“

Für Menschen die alles schwarz sehen geht die Sonne morgens unter. Die Stimmung müßiggängerischen Wohlbefindens will sich derzeit nicht recht bei uns einstellen.

Ein schöner Rasenplatz, ein lauer Frühsommerabend, ein lustiges Barbecue und die Welt ist vorerst wieder in Ordnung.

Der kleine Ort in dem wir rasten hat vor mehr als 100 Jahren das Rad der Zeit angehalten. Außer der Hauptstraße gibt es keine asphaltierte Straße. Die Häuser sind alt, teilweise aus Bruchstein und verfallen. Man muss sich die wenigen Autos wegdenken, dann weiß man wie die Menschen vor hundert Jahren gelebt haben. Grundstücke von Mauern umgeben, die nur aus aufeinander geschichteten Feldsteinen bestehen. Scheunen, deren Tore nur noch ein paar rostige Bolzen zusammen halten. Eine moderne Bar in einem renovierten alten Bruchsteinhaus, auch das Haus des Doktors in besserem Zustand, nur der Giebel müsste neu verputzt werden. Er scheint jedoch erfolgreich zu arbeiten. Der alte Friedhof hinter der Kirche ist winzig klein. Ein auf seltsame Art und Weise lebendiger Ort, wo die Toten zur letzen Ruhe gebettet wurden. Jeder Platz ist besetzt, manche schon seit 200 Jahren. Auf einem Grab stehen die Bilder von Großvater, Vater und Sohn. Der jüngste erst 20 Jahre alt als er diese Welt verließ, verlassen musste. Wo sind die Mütter? Leben sie noch? Auch die Großmutter, die heute, wenn sie zum Alter des Großvaters passt, nahe 100 Jahre alt sein müsste? Das Neueste im Dorf, das Kriegerdenkmal flankiert von vier Granatgeschossen.

Eine 1.000 Jahre alte stabile Brücke überspannt die Ouche.

Der kleine Bach plätschert über sein steiniges Bett, gleichgültig gegenüber der Zeit und den Menschen. Vögel zwitschern aufgeregt und flattern durch das dichte Laub der Bäume. Ein Eichhörnchen verteidigt lautstark sein Revier gegen ein Rotkelchen. Wilde Zwiebeln und wilder Schnittlauch wachsen an seinem Ufer, Vergissmeinnicht und Brennnessel.

Perlhühner gluckern aufgeregt als sie uns hören. Pfingstrosen blühen in den Gärten.

Ein Willi's Jeep fühlt sich zwischen dem Gemäuer wie zu Hause.

Selbst das zähe Zirpen einer Grille, die sich ab und zu verpflichtet fühlt, nach ihrem Weibchen zu rufen, scheint noch zu betonen, wie unglaublich still und lautlos es hier ist. Doch halt, die Kirchturmuhr schlägt jede halbe Stunde.

Sind wir wirklich noch in unserer Welt?

     

Und ist das Nest auch noch so klein, gewaschen muss die Wäsche sein.

Schön restaurierte Waschhäuser findet man überall im burgundischen in den Ortschaften, anderswo sind sie direkt am Kanal.

 


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