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Kapitel 4

•   Die Franzosen
•   Auf dem Canal de l’est branche
•   sud   zur   Saône (Vogesen-Kanal)
•   Die Vogesen und Lothringen
•   Neue Bekanntschaften
•   Barbecue
•   Auf der Saône
•   Ausländische Freunde
•   Petit Saone
•   Kabinettstückchen
•   Ländermosaik
•   St. Usage
•   Boatspeople
•   In Burgund- Canal de Bourgogne
•   Dijon
•   Cassis
•   Senf
•   Das Land Burgund
•   Wir erklimmen die Scheitelhaltung
•   Wie im Bilderbuch
•   Der Tunnel
•   Abwärts durch die Einsamkeit
•   Schleusendschungel
•   Ruhetag
•   Flavigny
•   Mit dem Fahrrad zum Barbecue
•   Es geht weiter
•   Alesia
•   Burgundische Wunder
•   Montbard
•   Rast bei Schloss Rochefort
•   Menschen beim Schleusen
•   Tonnerre
•   Die letzten Kilometer im
•   Burgund-Kanal
•   Besuch in der Yonne
•    Das Department Yonne
•   Eingeborene und Gäste
•   Abstecher in die Heimat
•   Canal du Nivernais
•   Viele Verkehr
•   Clamecy
•   Salat
•   Nationalfeiertag
•   Hiobs Brüder
•   Wer sich ärgert büßt
•   für die Sünden anderer
•   So’n Pech
•   Besuch hat sich angekündigt
•   Karl der Käfer
•   Canal lateral a la Loire
•   Sehr krumme Touren
•   Canal du Centre
•   Paray le Monial
•   Fete du Canal

•   Die letzten Kilometer zur Saone

Schleusendschungel

 

Am Montagmorgen stürzen wir uns in den Schleusendschungel des Abstiegs.

12 km und 37 Schleusen, zusammengefasst in drei Treppen, normalerweise wäre das gerade mal ein Tagesprogramm für uns, doch die Anderen streiken. Bis Marigny wäre genug.

Stellt sich im nachhinein als richtig heraus.

Bereits an der ersten Schleuse haben wir Aufenthalt.
Kein Wärter.
Manfred manövriert den Kahn ans Ufer, steigt aus und bedient die Schleuse selbst. Die unteren Tore müssen geschlossen werden, die Schützen geöffnet, dass sich die Kammer füllen kann, dann muss er die oberen Tore aufdrücken.
Derweil dümpele ich vor der Schleuse und versuche Beluga in der Mitte des Kanals zu halten.
Jedes mal, wenn ich in eine Schleuse einfahren muss, sackt mir ein eiskalter Klumpen Adrenalin in den Magen. Warum nur setzt dieser Mann immer voraus, dass ich einfach alles können muss.
Ein 5 m breites Tor und ein mit den Fendern rechts und links 5 m breites Boot, da ist genau das gefordert, was Frauen eigentlich nicht haben: Augenmaß! Eine Schnecke ist ein Speedy Gonzales gegen mich, doch immerhin, ich bin drin. Nur nicht anmerken lassen, dass mir die Muffe geht, schließlich habe ich Jahrzehnte lang an meinem Image der coolen, mit nichts zu erschütternden, Geschäftsfrau gearbeitet. Nachdem die meiste Arbeit geschafft ist, trudelt auch die Schleusendame ein. Jede Schleuse ist unten. Wir dümpeln im Kanal, der starke Wind versucht uns immer quer zu drücken und in jeder Schleuse öffnet der Himmel eine Dachluke und kippt einen Pot Chambre über uns aus. Natürlich kommt irgendwann die Frage vom Schleusenwärter wann es denn morgen weitergehen soll. „Demain, I denk neuf heur, you verstaan!“ Für diese akrobatisch sprachliche Meisterleistung handelt er sich jedes Mal ein strahlendes, oftmals zahnloses „d’accord“ ein. Ein Multilinguist mein Spatzel. Mit ihm als Führer Europas wären alle Sprachprobleme gelöst. Wir sind alle nass bis auf die Knochen und haben uns am Ende der ersten Treppe einen Glühwein redlich verdient.

Doch auch in der zweiten Treppe ist uns der Wettergott nicht hold.
Die ganze Nacht hat er den Himmel über uns einfach ausgekippt und uns infernalische Schauer verehrt. Auch am Morgen beendet er seine Wasserspielchen nicht.
Ich krame meinen langen Regenmantel raus, auch Manfred macht sich wasserdicht. Zähneknirschend stellen wir fest, dass die gleiche langweilige Person mit uns fährt wie gestern. Man könnte ihr beim Laufen locker die Schuhe besohlen und nach jedem Schleusenvorgang braucht sie erst mal ne Zigarette. Dafür hängt sie dann keuchend und hustend an den Schleusenhebeln.
Fast eine halbe Stunde warten wir vor der ersten Schleuse bis wir einfahren können, dann steigt Manfred aus und hilft.
Das gleiche Spiel an der nächsten Schleuse. Seine Stirn ist bereits genauso bewölkt wie der Himmel.
Das wird kein guter Tag und die Schleusendame schüttelt entrüstet den Kopf, nach Pouillenay, das ist schon gar nicht zu schaffen.
– Nicht mit ihr, da hat sie Recht --
„Was hältst du denn davon, wenn du mit dem Fahrrad voraus fährst und die Schleusen vorbereitest?“
Habe ich das wirklich gesagt?
Manfred guckt mich ganz verdutzt an: „Dann musst du fahren! Macht es dir nichts aus?“
Natürlich macht es mir was aus, ich habe das Schiff noch nie länger als eine Pinkelpause gesteuert und jetzt liegen 16 Schleusen und einige Brücken mit Engstellen vor uns.
„Ich hab doch gestern auch getroffen, wir probieren es!“
Immer noch schaut er mich skeptisch an.
Dackelfalten auf der Stirn.
Ob er Angst um seine Beluga hat?

Mit Sicherheit!!

Ich verbiete dem kleinen Hasenfuß in mir heute jeden Ausgang.
Was so ein doofer Bumsboot-Fahrer kann, das werde ich wohl auch noch hinbringen. Doch selbst die Naturgewalten sind gegen mich. Regenschauer und Sturmböen beuteln mich und Beluga fehlt die feste Hand ihres Herrn. Nur unwillig fügt sie sich unter meine Befehle. Sie versucht mit dem Heck auszubrechen oder die Nase ins Ufer zu bohren. Der Propeller rotiert im Matsch des Kanals wie der Küchenquirl in der Sahne. Am Ende bleibe ich Sieger. Alle Schleusen kratzerfrei geschafft. Natürlich nur mit Manfreds Hilfe, der auf der Schleuse steht und eventuelle Bumser verhindert. Wir haben sogar gegenüber den Aussis mehr als eine Stunde rausgefahren. Um halb drei beenden wir die Tour, die angeblich an einem Tag nicht zu schaffen ist. Man lernt, solange man lebt.

 


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