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Kapitel 4

•   Die Franzosen
•   Auf dem Canal de l’est branche
•   sud   zur   Saône (Vogesen-Kanal)
•   Die Vogesen und Lothringen
•   Neue Bekanntschaften
•   Barbecue
•   Auf der Saône
•   Ausländische Freunde
•   Petit Saone
•   Kabinettstückchen
•   Ländermosaik
•   St. Usage
•   Boatspeople
•   In Burgund- Canal de Bourgogne
•   Dijon
•   Cassis
•   Senf
•   Das Land Burgund
•   Wir erklimmen die Scheitelhaltung
•   Wie im Bilderbuch
•   Der Tunnel
•   Abwärts durch die Einsamkeit
•   Schleusendschungel
•   Ruhetag
•   Flavigny
•   Mit dem Fahrrad zum Barbecue
•   Es geht weiter
•   Alesia
•   Burgundische Wunder
•   Montbard
•   Rast bei Schloss Rochefort
•   Menschen beim Schleusen
•   Tonnerre
•   Die letzten Kilometer im
•   Burgund-Kanal
•   Besuch in der Yonne
•    Das Department Yonne
•   Eingeborene und Gäste
•   Abstecher in die Heimat
•   Canal du Nivernais
•   Viel Verkehr
•   Clamecy
•   Salat
•   Nationalfeiertag
•   Hiobs Brüder
•   Wer sich ärgert büßt
•   für die Sünden anderer
•   So’n Pech
•   Besuch hat sich angekündigt
•   Karl der Käfer
•   Canal lateral a la Loire
•   Sehr krumme Touren
•   Canal du Centre
•   Paray le Monial
•   Fete du Canal

•   Die letzten Kilometer zur Saone

Canal du Nivernais

 

Der zweite Teil unserer Reise führt uns erst mal in den Canal du Nivernais. Wir werden den Kanal wahrscheinlich nicht durchgehend befahren können, nur bis zur ersten Brücke, die für uns zu niedrig ist. Wo das sein wird? Wie immer Achselzucken!

Der Canal du Nivernais ist 174 km lang und hat 110 Schleusen und 3 Tunnel.

Die Geschichte des Kanals kann eigentlich nur einer erzählen, der von Anfang an dabei war, der Kanal selbst:

„Man schreibt den 1. März 1841. Heute findet meine offizielle Einweihung statt.
Unser wunderbarer König der Superlative, Heinrich der Vierte, erwog bereits im 16.JH. die Seine mit der Loire zu verbinden und zwar mit mir. Doch blieb der Gedanke ein Projekt, das in unregelmäßigen Abständen 200 Jahre lang immer wieder auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Eigentlich sah keiner einen rechten Nutzen für mich und mein größter Gegner war der Duc d'Orleans. Er hatte gerade den Canal du Loing gebaut und der sollte erst mal ordentlich Gewinn bringen. An seinem beharrlichen Widerstand scheiterte ich zunächst wieder.
Doch ich bin geduldig, meine Zeit wird schon noch kommen. Und siehe da, ein schrecklich kalter Winter 1782/83 ließ die schwierige Versorgung von Paris mit Brennholz zur Katastrophe ansteigen. So wurde beschlossen, nicht nur weiter Holz im Morvan zu schlagen, sondern auch die Wälder im Bazois auszubeuten. Damit das dort geschlagenen Holz in das bestehende Flößereisystem überführt werden könne, hat man beschlossen einige Bäche auszubauen, mit einen Flößerkanal zu verbinden, eine unterirdische Flößerrinne anzulegen, um das Holz in das Flößersystem der Yonne einzuleiten. 1784 begann man mit dem Bau einer schlichten Flößeranlage, die von einem richtigen Kanal, von mir, noch meilenweit und ein halbes Jahrhundert entfernt war.
Die Bauarbeiten schritten zügig voran, bis zu einer Inspektion durch zwei Kommissare der Akademie der Wissenschaften, die kamen nämlich zu dem Schluss, dass es viel vernünftiger wäre sich nicht mit einem bescheidenen Flößerkanal zu begnügen, sondern einen richtigen Schifffahrtskanal anzulegen, mich. Trotz zahlreicher Einwände und Kritiken, schon zu meiner Zeit gab es Wichtigtuer, die grundsätzlich dafür waren, dass man dagegen war und zwar gegen alles und besonders gegen Neuerungen. Doch sie wurden mundtot gemacht und so begannen Bauarbeiten eines ganz anderen Ausmaßes.
An die Stelle eines kleines unterirdischen Kanals, der nur dem Transport von Holzscheiten dienen sollte, trat das fantastische Gewölbe von Collancelle. Probleme machten mir die Missbräuche der Regierung bei meiner Bewirtschaftung, doch bevor ich ganz untergehen konnte, wurde ich an ein privates Unternehmen vergeben. Ich weckte viele Träume von Gewinnen und klingenden Münzen: Kohle aus dem Charolais, Gewürze aus dem Orient und Südfrankreich, Seide aus der Provence, Waffen aus dem Forez, Leder aus Chalon-sur-Saône, Glas aus dem Mâconnais, Käse aus der Schweiz, usw.
Mein Ruhm drang selbst zu Ludwig XVI. und der zögerte nicht dem soeben neu gegründeten Departement Nièvre 150.000 Pfund für bereits ausgeführte und noch auszuführende Kanalbauarbeiten vorzustrecken. Doch dann trifft uns alle ein Schicksalsschlag.
Die französische Revolution.
Man baut mich nicht fertig.
Die Arbeiten werden eingestellt. Was nützt es mir, dass dies der Polemik keinen Abbruch tut und sich weiterhin Vertreter des Flößerkanals und des Schifffahrtskanals in völlig nutzlosen Debatten als Streithähne gegenüberstehen?
Ich bin am Boden zerstört, als sogar das Finanzministerium erwägt das für den Kanalbau erworbene Land wieder zu veräußern. Da ist es doch ein kleiner Hoffnungsschimmer für mich, dass ein Ingenieur Hagenau auf den Plan tritt und mich wenigsten als Flößerkanal weiterbauen will. Doch die Freude ist von kurzer Dauer, denn die Arbeiten an mir werden sehr schnell wieder eingestellt.
Ich verfalle zusehends, meine Uferbefestigungen sind in trostlosem Zustand, meine Schleusen sind inzwischen überholt und entsprechen nicht mehr den neuen Normen, ich bin dem Tode geweiht, warte auf mein Ende und darauf, dass man mich vollständig wieder zuschüttet.
Doch welch unverhofftes, großes Glück, Ludwig XVIII. sieht die Notwendigkeit durch große öffentliche Projekte die Arbeitslosigkeit zu senken und stellt den enormen Betrag von 8 Millionen Franc für meine Renovierung und Vollendung bereit. Sofort beginnt die Polemik aufs neue. Die Holzflößer vertreten vehement ihre Interessen gegen die Schifffahrt. Doch ihr Einsatz ist vergeblich, ich werde weitergebaut und mit jedem Teilabschnitt der fertig gestellt wird, eröffne ich der Region neue Absatzmärkte: Steine aus den Steinbrüchen von La Manse, Kies aus den Gruben von Corbigny und Kohle aus den Zechen von La Machine, sowie Getreide aus dem Nivernais, eigentlich war ich jedoch immer der Kanal der Flößer und Trifter. Mir verdankt Paris jahrzehntelang seine Versorgung mit Brenn- und Bauholz.
Irgendwie haben mich meine Betreiber nie richtig nach Freycinet-Maß umgebaut und so konnte ich von Penischen nicht durchgehend befahren werden, auch waren meine Brücken zu niedrig und die Fahrrinne nicht tief genug.
Schon wieder einmal stand ich vor meinem Ende.
Dass ich überlebt habe, verdanke ich dem Verein der Freunde des Canal du Nivernais und den vielen Touristen, die mich für ihr Freizeitvergnügen entdeckt haben.
Natürlich könnte ich viele, viele interessante Geschichten von den Eskapaden der Bumsbootfahrer berichten, manchmal habe ich sogar richtig Angst um meine Schleusentore und oft bin ich sauer, wenn sie in meine Seerosen fahren und dann werde ich auch ganz trübe, wenn ich die vielen nackten Tatsachen in der Sonne rum liegen sehe.
Es gibt aber auch andere, die erkennen die Originalität meiner Konzeption, die Schönheit meiner Landschaft und für die ist eine Fahrt auf mir eine Reise in vergangene Zeiten, in eine romantische Traumwelt mit dem Charme abgenutzter bemooster Steine. Ich bin mehr als nur eine Wasserstraße, ich tue dem Leben gut“.

Der Kanal tut nicht nur dem Leben gut, sondern auch der Landschaft und ihrer Bevölkerung. Ein Heer von Schleusenwärtern ist im Sommer damit beschäftigt den Wasserwanderern auf die Sprünge und über die Wehre zu helfen. Die heimische Wirtschaft wird von Scharen von Touristen unterstützt. Hunderte von Bumsbooten sind unterwegs, aber auch Sportboote, Hotelpenischen und eine Unmenge von Riesenpötten, wie sie die Englischsprechenden so gerne benutzen. Entsprechend verstopft sind alle Anleger. Gibt es irgendwo Wasser und Strom und das auch noch kostenlos, entsteht ein regelrechter Kampf um die wenigen Liegeplätze.

Wegen der anhaltenden Hitze versuchen wir nur am Vormittag zu fahren und haben so auch eine größere Chance mal einen ordentlichen Liegeplatz zu finden.

 

 


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