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Kapitel 4

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•   Die letzten Kilometer zur Saone

Menschen beim Schleusen

 

Vier Automatikschleusen liegen vor uns, das macht uns unabhängig von Abfahrtzeiten.

Jedoch, es kocht die Gerüchteküche und jeder darf mal kosten.

Seit zwei Wochen hält sich das Gerücht, dass Montag und Dienstag im öffentlichen Dienst gestreikt wird. Also letzte Woche war nix, gestern auch nicht, aber heute ganz bestimmt, meinen die Schweizer. Wir bräuchten gar nicht los zu fahren.

Kurzer Meinungsaustausch zwischen Kapitän und Mannschaft: „Was soll uns denn passieren, wenn die Schleusen nicht funktionieren, hauen wir einen Nagel ins Ufer und bleiben stehen, bis es weitergeht.“

Gebongt, wir legen ab.

Vor der nächsten Schleuse dümpelt ein Charterboot. Ein Mann in kurzen Hosen, gewaltigen Plattfüßen in Straßenschuhen mit schwarzen Socken, steht mit dem Schleusen-Bedienungszettel auf der Schleuse und drückt Knöpfe. Der andere rammelt beim Einfahren vorne und hinten und seitlich und an jeder anderen möglichen Stelle an.

Als er drin ist, dreht er sich um, hebt entschuldigend die Hände: „Sorry, we are beginners.“

Erfreut über so viel Einsicht, wiegeln wir ab, es wäre kein Problem für uns, wir haben ja Zeit. Beim Ausfahren bitten sie uns doch vorbei zu fahren, damit sie sehen können, wie wir es machen. Vor der nächsten Schleuse steige ich aus, um die Mechanik in Gang zu setzen. Natürlich lasse ich, Großkotz lässt grüßen, den Schleusenfahrplan an Bord, nur um dann nicht zu wissen, welcher der vielen Knöpfe die Mimik in Betrieb setzt und kleinlaut zurückzuschleichen und meinen Zettel zu holen.

Die Kommentare meines Kapitäns verkneife ich mir jetzt wiederzugeben.

Mit Zettel klappt's. Kaum sind beide Boote drin, steht der Charterer schon wieder bei uns, um Ratschläge von Manfred einzuholen. Manfred stellt schnell fest, dass die Lenkung des Charterboots nicht funktioniert, nach links nicht einschlägt, kein Wunder, dass gar nichts geklappt hat. Hinter der Schleuse legen sie an um die Charterfirma anzurufen, doch auch die können den Fehler nicht problemlos und vollständig beseitigen. Eine stille, in sich gekehrte Abbitte für manchen vielleicht doch nicht gerechtfertigten Fluch Richtung Bumsboot.

In Tannay sind wir das erste Boot am Anleger. Gut, dass wir uns nicht haben beirren lassen und morgens früh los sind. Der Stromkasten neben uns funktioniert nicht. Wir verlängern unser Kabel und ziehen es zum nächsten Kasten, noch ist alles frei und Waschtag ist angesagt, da brauchen wir Strom. Nach drei Stunden ist der Anleger voll.

Auch die Schweizer trudeln ein. Die Begrüßung ist wortreich und freudig, Verzahl wie in einem türkischen Basar. Der Schweizer Kapitän ist ein kleiner runder Kerl, dessen Gössermuskel sein Leibchen fast sprengt und sein Hemd wie eine Pyramide abstehen lässt. Er hat einen feuerroten Kopf wie eine Himbeere, der zu seinem stahlblauen Shirt einen besonders aparten Kontrast bildet. Bestimmt hat er 360 Blutdruck.

Ein Deutscher hat kaum die Taue richtig belegt, als er schon mit seinem Stromkabel rennt. Pech gehabt, Freundchen, doch wir sind nicht so, lassen ihn an unserem Kabel Strom abzapfen. Gleich danach steht er auch bei mir neben dem Boot um sich einen 5er Rohrschlüssel mit einem Sechskant und abgeknickt zu erbitten. Ich weiß überhaupt nicht was er will. Manfred um Hilfe gerufen, spannt sofort, dass er einen 5er Imbus braucht.

Dann trudelt die arme Haut mit dem defekten Ruder ein, ein Israeli, sein English ist hart und abgehackt, untereinander sprechen sie wohl hebräisch, eine sehr kehlige Sprache, für unsere Ohren völlig ungewohnt.

Als allerletzte kommen die Italiener.

Der Kapitän an Bord ist eine wichtige Persönlichkeit. Langhaarig, im besten Mannesalter, sehr schön, ein wahrer Narziss. Er ist dermaßen glatt, als wäre er von Kopf bis Fuß mit extra glitschigem Schmieröl eingerieben. Wenn er mit einer feschen Kopfbewegung sein Haupthaar nach hinten wirft, signalisiert er jedem, dass er der Beste und der Boss ist.

Einen halben Tag schleusen wir mit ihnen. Immer bedient Manfred die Schleusen mit dem Schleusenmeister und die vier Herren Bumsboot-Fahrer schauen gelangweilt zu. Tatsächlich bekommt einer der Herren dann doch noch den Befehl seines Obersten die nächste Schleuse zu bedienen.

Ich beobachte ihn interessiert. Nachdem er lässig mit einem Arm den Schleusenhebel bedienen wollte und fast darüber gefallen ist, weil der Hebel sich so nicht einen Millimeter bewegt und die Dinger nur mit Kraft und Druck zu verschieben sind, fragt er den Schleusenmeister bereits als das Tor erst halb geschlossen ist, ob es nicht schon reicht. Grinsend schaun wir ihm zu als er den vorderen Schütz öffnet. Sein Kopf ist so rot wie eine Tomate. Unter äußerster Kraftanstrengung geling es ihm dann doch noch das Tor auch aufzudrücken. Erleichtert wendet er sich Richtung Bumsboot, doch von dort kommt der harsche Befehl die Spindel vom Schütz auch wieder runterzukurbeln.

Tja, wenn Manfred es macht, sieht es so einfach aus. Man merkt dem armen Kerl die Erleichterung an, als er die Leiter runter in die Schleuse krabbelt, doch leider ist das Boot nicht da, ein Meter Abstand zur Schleusenwand.

Er hängt an der Mauer wie's Äffchen im Fräckchen. Der Boss steht auf seinem Steuerstand, dreht sich zu uns um, macht uns Zeichen und lacht sich eins, anstatt sein Boot an die andere Schleusenmauer zu manövrieren und den armen Tropf an Bord zu nehmen. Obwohl auch wir uns amüsieren, macht diese Szene den Typ noch unsympathischer. Unterhalb der Schleuse legen wir an, um den Ort zu erkunden und ein Baguette zu kaufen.

Auch Boss-Bumsboot legt an.

Als wir richtig vertäut sind, kommt er und bittet uns wieder abzulegen, er müsse an den Wasserkasten. Alle Bumsboote haben ellenlange Wasserschläuche an Bord, er hätte keine Probleme, doch wir machen keine Worte, legen ab und binden weiter hinten fest. Auf unserem Weg ins Dorf kommen wir an ihnen vorbei, wechseln ein paar Worte. Nach dem dritten Satz weiß ich, dass ich mit meiner Einschätzung Recht hatte, ein Schmock, ein dünkelhaft-blasierter Schwätzer. Nun, heute erkämpft er sich den letzen Platz am Anleger, in dem er sich gewaltsam zwischen zwei Boote drängt und solange vorne und hinten anbumst bis er in die Lücke passt.

Mancher Schönling hält sich für den kleinen Gott der Welt und ist eigentlich nur eine sonnengegerbte Hochpinkler-Schwuchtel.


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