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Kapitel 4

•   Die Franzosen
•   Auf dem Canal de l’est branche
•   sud   zur   Saône (Vogesen-Kanal)
•   Die Vogesen und Lothringen
•   Neue Bekanntschaften
•   Barbecue
•   Auf der Saône
•   Ausländische Freunde
•   Petit Saone
•   Kabinettstückchen
•   Ländermosaik
•   St. Usage
•   Boatspeople
•   In Burgund- Canal de Bourgogne
•   Dijon
•   Cassis
•   Senf
•   Das Land Burgund
•   Wir erklimmen die Scheitelhaltung
•   Wie im Bilderbuch
•   Der Tunnel
•   Abwärts durch die Einsamkeit
•   Schleusendschungel
•   Ruhetag
•   Flavigny
•   Mit dem Fahrrad zum Barbecue
•   Es geht weiter
•   Alesia
•   Burgundische Wunder
•   Montbard
•   Rast bei Schloss Rochefort
•   Menschen beim Schleusen
•   Tonnerre
•   Die letzten Kilometer im
•   Burgund-Kanal
•   Besuch in der Yonne
•    Das Department Yonne
•   Eingeborene und Gäste
•   Abstecher in die Heimat
•   Canal du Nivernais
•   Viele Verkehr
•   Clamecy
•   Salat
•   Nationalfeiertag
•   Hiobs Brüder
•   Wer sich ärgert büßt
•   für die Sünden anderer
•   So’n Pech
•   Besuch hat sich angekündigt
•   Karl der Käfer
•   Canal lateral a la Loire
•   Sehr krumme Touren
•   Canal du Centre
•   Paray le Monial
•   Fete du Canal

•   Die letzten Kilometer zur Saone

Burgundische Wunder

Tausend Jahre später war Burgund eine einzige riesige Baustelle. Allenthalben, in Burgen, Dörfern und abgelegenen Klöstern entstanden steinerne Kirchen und Kapellen in einer solchen Dichte, dass selbst die Menschen jener alles andere als kommunikationsbewussten Zeit des Phänomens gewahr wurden. Ein neues, weißes Kleid habe die Christenheit angelegt, schrieb der Chronist Rudolf Glaber aus Dijon. Die Geburtsstunde der Romanik. Graf Wilhelm von Aquitanien schenkte 12 Mönchen einen, ehemalig im Besitz Karls des Großen befindlichen, Gutshof. Er sicherte ihnen die völlige Unabhängigkeit von grundherrlichen Rechten zu und gründete die Abtei von Cluny. Sie lag in einem herrschaftsfreien Raum an der Grenze des französischen Königreiches und des Römischen Reiches Deutscher Nation. Man gestand der Abtei die Befeiung von der bischöflichen Gerichtsbarkeit und direkte Unterstellung unter den Papst zu. Dank dieser Unabhängigkeit wird Cluny innerhalb weniger Jahrzehnte gemeinsam mit Rom zum Zentrum der christlichen Welt. Die schwarz gekleideten Benediktiner-Mönche Clunys breiteten sich zunächst über Burgund, die Provence und Aquitanien, später über ganz Frankreich aus. Sie bilden eine machtvolle religiöse Miliz. Als Cluny von Heinrich I. auch noch das Recht erhielt sich andere Klöster zu unterstellen, verband es sich mit Hunderten von Tochterklöstern in ganz Europa. Cluny befolgt die Regeln des hl. Benedikt, legt sie aber nach eigenem Ermessen aus. Das Leben in Cluny zeichnet sich durch Opulenz aus, ohne dass sich Bedenken melden. Die religiösen Feierlichkeiten dienen mehr der Verherrlichung Clunys und die Mönche sind unablässig auf der Suche nach Schönheit. So wurde Cluny zum Mittelpunkt der christlichen Welt. In Cluny entfaltet die Liturgie ihren Glanz in einer Abteikirche, die von Jahrhundert zu Jahrhundert erweitert wird, bis sie schließlich zur gewaltigsten Kirche der gesamten Christenheit wurde. Erst durch den Bau des Petersdoms in Rom wird sie übertroffen. Cluny war der Ausgangspunkt einer der bedeutendsten Klosterreformen des Mittelalters, mehr als 1000 große und kleine Ordenshäuser gehörten ihr an. Hinzu kam politische Macht. So war es Abt Hugo von Cluny, der 1077 in Canossa als Mittler zwischen seinem Patensohn Kaiser Heinrich IV. und Papst Gregor VII. stand.

Doch Burgund ist auch die Wiege des Zisterzienserordens. Die Zisterzienser sind ein Reform-Orden der Benediktiner, als Reaktion auf Prunk und Reichtum Clunys. „Wo auch immer weht der Wind, erhebt Cluny seinen Zins,“ so ging der Volksmund. So gründete Robert de Molesme im Jahre 1098 die Abtei von Cîteaux. In diesem neuen Kloster strebt man zur Rückkehr zur Benediktinerregel, nach dem einfachen, ursprünglichen Mönchsdasein.

Bernhard von Clairvaux , der spätere heilige Bernhard trat in den neuen Orden ein, der strenge Regeln, körperliche Arbeit der Mönche, Verzicht auf warme Winterkleidung und sehr karges Essen vorsah. Bernhard wurde zum einflussreichsten geistigen Führer seiner Zeit. Er war nicht nur Theologe, er war Verfasser von Gedichten, philosophischen Schriften und heftigen Pamphleten. Er wurde ein gewaltiger Prediger und einflussreicher Politiker, trieb zum Kreuzzug und verfolgte selbständig Denkende. Er geißelte Rom, riet Königen, lehnte Würden ab und predigte in Südfrankreich gegen die Katharer. Seine durch Fasten und Askese fast durchsichtige Gestalt war von unglaublicher Willenskraft und Energie. Feinheit des Geistes und Demut verbanden sich mit unbeugsamem Herrschaftswillen und einer Unerbittlichkeit bis zum Fanatismus. Er gründete die Abteien Clairvaux und Fontenay und brach die Macht Clunys.

Die Botschaft von Armut und Demut findet im nackten Stein der Gebäude Ausdruck. Der völlige Verzicht auf Schmuck lässt sich noch heute in der Abtei von Fontenay erkennen. Ihre schlichte Schönheit zeugt vom Armutsideal der „weißen Mönche“. Cluny wurde in der Revolution fast vollständig zerstört. Fontenay hatte zwar im Hundertjährigen und in den Religionskriegen stark gelitten, wurde aber nicht zerstört. In der Revolution wurde aus der Abtei eine Papierfabrik, die mehrmals den Besitzer wechselte. 1820 wurde sie von Elie de Montgolfier gekauft, einem Nachfahren des ersten Luftschiffers. Sie ist heute noch im Besitz der Familie, die ungeheure Anstrengungen unternahm, die Abtei von allen Nebengebäuden zu befreien und ihren ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.

Am 5. Oktober 1986 besuchte Papst Johannes-Paul II. Paray-le-monial und begann seine Predigt mit folgenden Worten: „ Ich bin glücklich, auf dem Boden Burgunds zu meditieren, einem heiligen Boden, geprägt von Cîteaux und Cluny, wo das Evangelium das Leben und das Werk der Menschen modelliert hat.“

 

 

 

 


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