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Kapitel 4

•   Die Franzosen
•   Auf dem Canal de l’est branche
•   sud   zur   Saône (Vogesen-Kanal)
•   Die Vogesen und Lothringen
•   Neue Bekanntschaften
•   Barbecue
•   Auf der Saône
•   Ausländische Freunde
•   Petit Saone
•   Kabinettstückchen
•   Ländermosaik
•   St. Usage
•   Boatspeople
•   In Burgund- Canal de Bourgogne
•   Dijon
•   Cassis
•   Senf
•   Das Land Burgund
•   Wir erklimmen die Scheitelhaltung
•   Wie im Bilderbuch
•   Der Tunnel
•   Abwärts durch die Einsamkeit
•   Schleusendschungel
•   Ruhetag
•   Flavigny
•   Mit dem Fahrrad zum Barbecue
•   Es geht weiter
•   Alesia
•   Burgundische Wunder
•   Montbard
•   Rast bei Schloss Rochefort
•   Menschen beim Schleusen
•   Tonnerre
•   Die letzten Kilometer im
•   Burgund-Kanal
•   Besuch in der Yonne
•    Das Department Yonne
•   Eingeborene und Gäste
•   Abstecher in die Heimat
•   Canal du Nivernais
•   Viele Verkehr
•   Clamecy
•   Salat
•   Nationalfeiertag
•   Hiobs Brüder
•   Wer sich ärgert büßt
•   für die Sünden anderer
•   So’n Pech
•   Besuch hat sich angekündigt
•   Karl der Käfer
•   Canal lateral a la Loire
•   Sehr krumme Touren
•   Canal du Centre
•   Paray le Monial
•   Fete du Canal

•   Die letzten Kilometer zur Saone

Abwärts durch die Einsamkeit

 

Bergab ist wörtlich gemeint.
Der Tunnel ist die Scheitelhaltung des Kanals, die höchste Höhe.
Und hier ist auch die Wasserscheide.
Alle Bäche, die hier entspringen, und das sind eine Menge, fließen von hier aus in den Atlantik, auf der anderen Seite ins Mittelmeer.
Südlich des Auxois macht die Landschaft plötzlich einen Buckel. Diese bescheiden anmutende Anhöhe soll das Dach des Abendlandes sein. Drei große hydrographische Becken nehmen hier ihren Ursprung und bilden den Wasserturm Frankreichs.
113 Schleusen und 160 km Wegstrecke werden uns auf das Niveau der Yonne bringen.
Der Burgundkanal gehört zu den schleusenreichen. Es bedarf auch auf dieser Strecke wieder guter Vorausplanung.
Einkaufen ist Fehlanzeige.
Selbst das so dringend benötigte Baguette in der Früh ist meist nicht zu bekommen. Sicher kommt irgendwann der Bäckerwagen ins Dorf, doch wann? Schulterzucken! Und wenn er dann kommt, hupt er zweimal, steht keiner parat? Schon ist er wieder weg. Und wir erinnern uns wieder, dass das gute deutsche Körnerbrot auch nicht zu verachten ist. Oder am Morgen wird der Backofen angeheizt und selbst ein Baguette aufgebacken.
Wer im Rohr sitzt hat gut Pfeifen schneiden.

Die Weinberge der Côte d’Or, die Route des Grand Cru, der Burgunderwein, ist ein Kapitel für sich und erfährt noch mehr Verherrlichung als der Rheingauer bei uns.
Es gibt sogar einen Orden der Ritter der Weinschmecker, Chevaliers de Tastevin.
So werde ich es mir denn leicht machen und einfach aus meinen Informationen zitieren, ohne meinen Senf auch noch dazuzugeben.

„ Der Burgunderwein oder die längste Herrschaft der Geschichte. Kein Wein der Welt kann auf eine vergleichbar lange Herrschaft zurückblicken. Seit über zweitausend Jahren bestätigt er seinen Ruhm von Weinlese zu Weinlese, von Jahrgang zu Jahrgang. Es sind zwar nur einige wenige Tropfen edlen Weins, die aus dem Burgund in den großen weiten Ozean der Weinproduktion fließen, dennoch ist die Burgunderweinflasche eine Galionsfigur.
Rubinrot schillert er im Kristallglas. Blitzblank ist sein Spiegel. Rund herum am Glas entlang spielen bräunlich-ziegelrote Reflexe. Sein Bukett erinnert an Beerenfrüchte, lässt nach einer Weile auch Unterholz erahnen – Erinnerungen an einen Waldsparziergang nach dem Regen steigen aus dem Glas auf. Rund und sanft legt er sich um Zunge und Gaumen. Erst beim zweiten Schluck, nach einem Bissen Hirschbraten, bringt er würzigstark die ganze Kraft seiner Persönlichkeit zum Ausdruck: ein ausgereifter Burgunder.“

Na, ganz ohne Senf geht’s halt nicht.
Der Gipfel der burgundischen Weinhierarchie sind die „grand crus“, die großen Lagen, schlichtweg die Spitzengewächse, der Lagenname ist auf dem Etikett angegeben.
Hat man Zeit, kann man seine Kenntnisse in Wein-Geographie vor Ort erweitern und das ist dann ganz gewiss kein trockenes Fach.

Allerdings haben die Franzosen ein völlig anderes Verhältnis zu Wein als wir Deutschen.

Rotwein gehört eigentlich zum Grundnahrungsmittel. Und genauso wenig wie wir unser täglich Brot in Geschenkpapier verpacken, legen die Franzosen großen Wert auf eine übertriebene Weinkultur. Man kann einen hervorragenden Wein kaufen in einer Flasche mit einem Drehverschluss oder einem Kronenkorken oder, was wir mit Vorliebe tun, Gebinde mit 2 – 3 – 5 oder 10 Liter in einem Pappkarton, einem Cubi, innen mit einer Aluminium-Blase, die in sich zusammenfällt und keine Luft einlässt, außen einem kleinen Kran zum abzapfen. Dieser in einem Dekanter servierte Wein ist für jeden Weinliebhaber köstlich, erst wenn er den Karton sieht bricht der deutsche Weinchauvinismus durch und der Inhalt verwandelt sich auf wundersame Weise in Essig. Dabei ist es dem Wein völlig egal in welchem Behältnis er verpackt ist. Hauptsache er ist gut, trinkbar und bezahlbar.

Pont-Royal, was für ein Name, man lasse sich diese zwei Worte auf der Zunge zergehen:
Pont-Royal. Königliche Brücke.
Ich kann nicht mal sagen, dass der Ort so tot wie sein Friedhof sei, denn er hat gar keinen. 15 Häuser und eine Kaianlage.
Das einzig königliche an diesem Nest ist die unverschämte Forderung von 8 Euro Liegegebühr für eine Nacht. 3 Euro extra soll der Bezug von Strom kosten. Wir legen sofort dankend wieder ab, wechseln zur anderen Uferseite, auch da hat es Poller und die sind kostenlos. Für 3 Euro können wir unseren Jockel mehrere Stunden pro Tag Strom erzeugen lassen und für 8 Euro gibt's schon wieder einen hervorragenden 3 l Cubi.
Genauso trostlos wie der Ort, ist auch das Wetter. Dauerregen übers Wochenende. Wir schlagen die Zeit tot mit essen, faulenzen, fernsehen und lesen.
Fleiß kann man vortäuschen, faul muss man schon selber sein.
Manchmal werfe ich einen Blick aufs Handy. Es hat Empfang, aber es will einfach nicht klingeln. Ich bin etwas enttäuscht, ich habe einen Brief nach Hause geschickt, doch keine Resonanz. Mit den Jahren sollte man weiser und schlauer werden, doch die Enttäuschung über das Desinteresse der Freunde lässt sich nicht immer unterdrücken. Ich reagiere heute immer konsequenter. Ein Brief, ein zweiter Brief, keine Reaktion, kein Brief mehr.
Ein Bekannter hat einmal gesagt: „Ich freue mich immer wenn ein Brief kommt, doch deswegen kann man ja nicht jedes Mal anrufen.“ Man könnte schon, wenn man wollte. Jede Woche ein Zwei-Minuten-Gespräch, das könnte schon drin sein.
Doch so ist das. Die Zirkusnummer Doris und Manfred S. steht derzeit nicht auf dem Programm.

 


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