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Der Tunnel Je näher wir dem Tunnel und der Scheitelhaltung des Kanals kommen, desto schneller folgen die Schleusen aufeinander.
Der Einfahrtskanal zum Tunnel ist sehr schmal. Die Tunneleinfahrt 600 m voraus nicht einzusehen. Ich merke, wie meine Nebennieren Adrenalin in meinen Magen pumpen, das sich langsam Richtung Brustkorb ausbreitet. Es ist mir nicht wohl. Wenn wir nicht durch den Tunnel passen, müssen wir den schmalen Kanal rückwärts wieder raus. Unter Androhung drastischer Sanktionen habe ich meinen Kapitän aufgefordert nur ja keine Experimente zu machen. Ob er es beherzigt ? Nun ist es ja keinesfalls so, dass dies unser erster Tunnel ist. Im Gegenteil, wir sind schon Tunnel mit mehr als 5 km Länge gefahren. Doch die Höhe an den Seiten dieses Tunnels ist angegeben mit 2,20 m und die Röhre soll einen sehr runden Bogen haben. Wir sind am Aufbau über den Windschutzscheiben 2,80 m hoch. Haben wir nicht genügend Luft über den Seiten der Frontscheiben, können wir die Durchfahrt nicht wagen. Die geringste Abweichung aus der Mitte brächte uns in Kalamitäten. Der Einfahrts-Kanal zieht sich wie Kaugummi. Endlich schieben wir die Nase um die Kurve und der Tunneleingang erscheint. Das Loch ist riesig. „Das dürfte uns keine Probleme machen!“ „ Fahr trotzdem langsam und sei vorsichtig!“ Dann sehen wir, dass die Röhre unmittelbar hinter dem Eingang flacher wird. Wir halten beide den Atem an, schieben uns im Schneckentempo weiter. Über den Scheiben ist mindestens 40-50 cm Platz. Dass im Kanal ca. ein halber Meter Wasser fehlt kommt uns jetzt zu gute. Wir haben keine Probleme. Ohne das flache Wasser hätten wir nicht durch gepasst.
Der Tunnel ist innen ausgemauert, ohne Treidelfahrt an der Seite und ohne jede Beleuchtung. Es ist stockdunkel, kalt und feucht. Irgendwie ist die Atmosphäre bedrückend, wie in einer Gruft. Manfred muss sich unheimlich konzentrieren um Beluga in der Mitte des Tunnels zu halten. Nicht so einfach auf einer Strecke von mehr als 3 km. Früher wurden die Schiffe von einem Kettenschlepper gezogen, das muss in dieser absoluten Finsternis noch ekliger sein. In der Tunnelmitte ist die Luft so feucht, dass sie undurchsichtig wird. Ein Blindenhund wäre jetzt gut. Die kleinen Nebeltröpfchen legen sich schwer auf die vom Adrenalin eh schon eingequetschte Lunge. In den Napoleonischen Kriegen wurden Kriegsgefangene zum Bau des Tunnels eingesetzt. Sie waren hier eingesperrt und wurden über die Entlüftungsschächte von oben versorgt. Nach Fertigstellung des Tunnels wurde ihnen die Freiheit versprochen, doch nur wenige überlebten. Die Toten wurden in den Tunnelwänden eingemauert. Die Dunkelheit ist erfüllt von ihren Geistern. Das Licht der Tunneleinfahrt lassen wir hinter uns, der Ausgang ist noch nicht zu sehen, erst in der Mitte sehen wir ein Licht am Ende des Tunnels das ganz langsam immer größer wird. Nach einer halben Stunde bin ich kalt bis in die Knochen, was mir natürlich schon wieder einen strafenden Blick von meinem Kapitän einbringt, weil ich keinen Pullover drüber gezogen habe. Obwohl ich es ja besser wissen müsste.
Geschafft!! Wir sind im Herzen von Burgund! Von nun an geht's bergab.
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